Selbstverständlich

Seenotretter helfen 3.500 Menschen auf Nord- und Ostsee

Während die Rettung von Menschen im Mittelmeer kontrovers diskutiert und verhindert wird, ist die Rettung im Nord- und Ostsee selbstverständlich. Die Seenotretter kommen zu Hilfe, wenn es nötig ist. Das gilt auch während der Corona-Pandemie.

Trotz Corona viel zu tun: Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) war im vergangenen Jahr in 1.720 Fällen auf Nord- und Ostsee im Einsatz. Dabei hätten die Besatzungen der rund 60 Rettungskreuzer und -boote fast 3.500 Menschen Hilfe geleistet, bilanzierte die Gesellschaft mit Sitz in Bremen am Freitag. Allein etwa 360 von ihnen wurden aus Seenot oder anderen Gefahren befreit. Seit Gründung der DGzRS vor über 155 Jahren seien mehr als 85.600 Menschen gerettet worden.

Aufgrund der Corona-Pandemie seien in den vergangenen Monaten weniger Schiffe auf Nord- und Ostsee unterwegs gewesen, hieß es. Auch die Wassersportsaison 2020 habe verspätet begonnen. Deshalb habe es bei den ausschließlich spendenfinanzierten Seenotrettern knapp 400 Einsätze weniger als im Vorjahr gegeben. „Dennoch halfen sie dabei annähernd gleich vielen Menschen“, hieß es.

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Seenotrettung, Seenotrettung

So kamen sie zahlreichen Fischereifahrzeugen und ihren Besatzungen zu Hilfe. Auch für Windparkversorger, Seeleute von Handelsschiffen, Passagiere von Fähren und Fahrgastschiffen sowie viele Wassersportler und Küstenbesucher waren sie unterwegs. Die meisten Einsätze fuhren die Seenotretter eigenen Angaben zufolge an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste (607), gefolgt von der niedersächsischen Nordseeküste (520), der mecklenburg-vorpommerschen Ostseeküste (448) und der schleswig-holsteinischen Nordseeküste (145).

Derweil werden Schiffe von Seenotrettern an den EU-Außengrenzen am Mittelmeer festgehalten – sie seien nicht ausreichend ausgestattet oder verstießen gegen Sicherheitsbestimmungen. Zuletzt sorgten Verschärfungen in der Schiffsicherheitsverordnung für Diskussionen. Politisch werden Einsätze von Seenotretter im Mittelmeer kontrovers diskutiert. Kritiker sehen in der Rettung einen falschen Anreiz gesetzt, die gefährliche Überfahrt zu wagen. Finanziert werden private Seenotrettungsschiffe von Spendengeldern.

Spendenfinanziert

An der Nord- und Ostsee fußt die Finanzierung auf Spenden. „Mich begeistert, dass die Seenotretter ohne jegliche staatliche Gelder auskommen“, sagte die ehrenamtliche DGzRS-Botschafterin des vergangenen Jahres, die Moderatorin und Reporterin Anke Harnack (41). Sie habe bei ihren Begegnungen großartige Menschen kennengelernt und bei allen dieselbe Einstellung gefunden: „Die Seenotretter machen nicht viele Worte über das, was sie da draußen leisten, manchmal bei Sturm und großer Gefahr für sie selbst.“

Neuer Botschafter für 2021 ist der Cartoonist und Illustrator Wolf-Rüdiger Marunde aus dem niedersächsischen Hitzacker. „Ich bin froh, dass es die Seenotretter gibt. Das ist ein richtig gutes Gefühl“, sagte der 66-Jährige, der selbst gerne segelt. Marunde ist den Angaben zufolge bereits der 22. Prominente, der das Botschafter-Ehrenamt der Seenotretter übernimmt. Die Reihe begann im Jahr 2000 mit Liedermacher Reinhard Mey.

Einsatz in der Ägäis

Trotz Corona-Krise treibt die Organisation die Modernisierung ihrer Rettungsflotte weiter voran. 2020 und 2021 wurden oder werden insgesamt neun neue Spezialschiffe in Dienst gestellt. Sie lösen ältere Rettungskreuzer und -boote ab. Dazu kommt ein erstes Trainingsschiff. Für die Gesellschaft arbeiten laut DGzRS 180 Festangestellte und 800 Freiwillige.

Im Jahr 2016 waren drei Monate lang deutsche Seenotretter mit einem Seenotrettungskreuzer in der Ägäis im Einsatz, um ihre griechischen Kollegen des Hellenic Rescue Teams auszubilden und zu unterstützen. Dabei wurden vor Lesbos 1.138 Menschen aus Gefahr befreit. Darunter waren 202 oft kleinste Kinder. (epd/mig)