Weihnachtsgeschichte für Muslime

Islam-Beauftragter: Jesus ist im Koran mehr als ein Prophet

Jesus spielt im Koran eine zentrale Rolle. In den verschiedenen Suren wird er Gottesknecht, Gesalbter und Gesandter genannt. Sogar die biblische Weihnachtsgeschichte von seiner Geburt wird im Koran erzählt – wenn auch anders. Pastor Sönke Lorberg-Fehring kennt weitere Gemeinsamkeiten.

Die biblische Weihnachtsgeschichte von der Geburt Jesu findet sich auch im Koran – wenn auch anders erzählt. Jesus spiele im Koran eine zentrale Rolle, sagte Pastor Sönke Lorberg-Fehring, Islam-Beauftragte der Nordkirche, dem „Evangelischen Pressedienst“. Er werde im Koran zwar nicht als Gottessohn verstanden, sondern „nur“ als Prophet – allerdings als ein besonderer. In den verschiedenen Suren werde Jesus auch Gottesknecht, Gesalbter und Gesandter genannt.

Die Geburt Jesu wird in der Sure 19 geschildert. Anders als nach biblischer Überlieferung bringt Maria das Jesuskind im Koran ganz allein unter einer Palme zur Welt. Weder Kaiser Augustus noch Josef, die Krippe, Hirten oder Engel kommen im Koran vor. Drastisch werden dagegen ihre Wehen beschrieben. Sie werden gelindert, weil Gott Maria mit frischem Wasser, reifen Datteln und neuem Mut stärkt. Diese Erzählung bietet nach Einschätzung von Lorberg-Fehring auch für Christen einen „nachdenkenswerten Zugang“ zu Jesus.

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Anders als in der Bibel heißt es im Koran, dass Jesus als Neugeborener bereits sprechen konnte. „Siehe, ich bin Gottes Diener“, sagt er in Sure 19 zu Marias Familie. Gott habe ihn zum Propheten gemacht und ihm befohlen, sein Leben lang Gebete und Almosen zu geben. „Frieden auf den Tag meiner Geburt und den Tag, da ich sterbe, und den Tag, da ich erweckt werde zum Leben.“

Große Ähnlichkeit

Das Redewunder rettet Maria das Leben. Denn nach jüdischem Recht drohte ihr aufgrund des unehelichen Kindes bei der Rückkehr zu ihrem Volk die Steinigung als Ehebrecherin. Deswegen fordert das Baby alle Menschen auf, Maria mit Ehrerbietung zu begegnen. Dass Jesus schon als Neugeborener sprechen konnte, so der Islam-Beauftragte, sei für Maria nicht nur überlebenswichtig gewesen, sondern der Anfang einer bis heute andauernden Marienverehrung im Islam.

Auch die Bibel kenne unterschiedliche Erzählungen von Jesu Geburt, so Lorberg-Fehring. Große Ähnlichkeit im Koran zeige sich hier mit dem „Kindheitsevangelium des Jakobus“, das allerdings nicht in den biblischen Kanon aufgenommen wurde. Es gehe im Koran aber nicht um eine Bestätigung christlicher Traditionen, sondern um ihre Aktualisierung für neue Hörer und um die Einbindung in eigene inhaltliche und theologische Schwerpunkte.

Moralisches Vorbild

Der muslimische Glaube an alle vorangegangen Gesandten Gottes schließt nach den Worten von Lorberg-Fehring auch die Verehrung Jesu ein. Ebenso wie in der Bibel wird auch im Koran geschildert, dass Maria nicht auf natürliche Weise schwanger wurde. In beiden Schriften ist es ein Engel, der Maria die Nachricht ihrer geheimnisvollen Schwangerschaft überbringt. Deswegen sehen auch Muslime in Jesus ein Zeichen der unbedingten Nähe Gottes zu den Menschen. „Als moralisches Vorbild steht er zudem für Armut, Askese, Spiritualität und Hingabe.“

Nach muslimischer Vorstellung ist es nicht vorstellbar, dass Gott einen menschlichen Sohn zeugt, sagt der Islam-Beauftragte. Denn der Koran betone Gottes Einzigartigkeit und die Gleichheit aller Menschen. Auch wenn die Vorstellung von Jesus als Gottes Sohn dem Koran fremd sei, ändere das nichts an seiner großen Wertschätzung und Verehrung im Islam. Deshalb heißt es in Sure 19: „Das ist Jesus, Sohn Marias“, der gesegnet ist und Segen bringt. (epd/mig)