Vorbild für Zivilcourage

Karl-Küpper-Preisträgerin Rackete kritisiert EU-Flüchtlingspolitik

Menschlichkeit, Mut und Geradlinigkeit: Kapitänin Carola Rackete ist erste Trägerin des Karl-Küpper-Preises für Zivilcourage. Sie nutzt ihre Ehrung für Kritik an der EU-Migrationspolitik und spendet ihr Preisgeld für die Versorgung von Flüchtlingen.

Die Menschenrechtsaktivistin Carola Rackete ist am Montag von Kölner Karnevalisten und der Stadt Köln für ihr Engagement in der Flüchtlingshilfe geehrt worden. Die Kapitänin eines Flüchtlingsrettungsschiffes sei mit ihrem Mut und ihrer Tatkraft Vorbild und Ansporn, sich gegen Rassismus, Antisemitismus und gegen die Spaltung der Gesellschaft einzusetzen, sagte die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) bei der Verleihung des erstmals vergebenen Karl-Küpper-Preises, der mit 10.000 Euro dotiert ist.

Rackete nutzte ihre Dankesrede für scharfe Kritik an der Flüchtlingspolitik der Europäischen Union. Die Staatengemeinschaft trete die Genfer Flüchtlingskonvention mit Füßen, indem sie Bootsflüchtlinge auf dem Mittelmeer völkerrechtswidrig in Kriegsgebiete zurückbringen lasse.

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Reker sagte, den Kölner Büttenredner Karl Küpper, der sich gegen die Nationalsozialisten engagierte, und Carola Rackete verbinde eine beeindruckende Geradlinigkeit: „Sie personifizieren Zivilcourage.“ Mit dem Karl-Küpper-Preis werde Rackete für ihren Mut und ihre Menschlichkeit gewürdigt, die sie als Kapitänin der „Sea-Watch 3“ bei Rettungsaktionen von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer bewiesen habe, erklärte der Präsident des Festkomitees Kölner Karneval, Christoph Kuckelkorn. „Wir brauchen Menschen wie sie gerade bei so schwierigen Themen wie der Flüchtlingskrise, um Solidarität und Humanität immer zum Leitbild unseres Handelns zu machen.“

Rackete spendet Preisgeld für Versorgung von Flüchtlingen

Rackete kündigte an, das Preisgeld von 10.000 Euro für die Versorgung von Flüchtlingen in Libyen zu spenden. Die dort gestrandeten Flüchtlinge aus Subsahara-Afrika hätten keine Möglichkeit, das Bürgerkriegsland zu verlassen. Sie lebten unter großer Gefahr. Die UN-Flüchtlingshilfe sei mit der Versorgung der Menschen überfordert.

Indem die EU die libysche Küstenwache finanziere, die die Bootsflüchtlinge wieder an Land bringe, verletze sie grundlegende Menschenrechte, kritisierte Rackete. Europa zeige immer gerne auf Menschenrechtsverletzungen anderer Länder, „aber bei uns ist es genauso und noch viel schlimmer, wenn man sieht, was auf dem Mittelmeer passiert“. Es gebe jedoch Alternativen. „Dazu braucht es aber das Engagement von Vielen.“

Der Karl-Küpper-Preis

Rackete erlangte 2019 internationale Bekanntheit, als sie als Kapitänin der „Sea-Watch 3“ vor der libyschen Küste über 50 Schiffbrüchige an Bord nahm. Es folgte eine Odyssee auf offenem Meer, da dem Boot das Anlaufen eines italienischen Hafens untersagt worden war. Knapp drei Wochen nach der Seenotrettung entschied sich Rackete, trotz des Verbots in den Hafen von Lampedusa einzufahren, um die Flüchtlinge und die Crew an Land zu bringen. Rackete wurde noch auf dem Schiff festgenommen und unter Hausarrest gestellt, allerdings nach wenigen Tagen wieder freigelassen.

Der Karl-Küpper-Preis wurde zum 50. Todestag des Karnevalisten in diesem Jahr ins Leben gerufen. Er wird von der Stadt Köln, den Freunden und Förderern des Kölnischen Brauchtums, dem Festkomitee Kölner Karneval und der Familie von Karl Küpper verliehen. Karl Küpper (1905-1970) war für seinen Einsatz für die Meinungsfreiheit und sein couragiertes Engagement gegen den Nationalsozialismus bekannt. Die Stadt Köln habe zu lange mit seinem Andenken gehadert, merkte Rekers kritisch an. Mit dem Preis werde nun endlich auf würdevolle und wertschätzende Weise an Küppers Vermächtnis angeknüpft. (epd/mig)