Flüchtlingspolitik

EU-Innenminister beraten über neue Asyl-Pläne

Neuer Anlauf: Innenminister Seehofer sieht die Pläne der EU-Kommission für Asyl und Migration als gute Basis, will sie unter den Regierungen voranbringen und peilt eine Grundsatzeinigung bis Jahresende an. Grüne fordern Einhaltung von Menschenrechten.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und EU-Innenkommissarin Ylva Johansson sind zuversichtlich, dass sich die EU-Staaten auf eine Lösung in der Asyl- und Migrationspolitik einigen können. Es sei ein „sehr gutes und vielversprechendes Treffen“ gewesen, sagte Seehofer am Donnerstag in Berlin, nachdem die neuen Pläne der EU-Kommission bei einer Videokonferenz der Innenminister zum ersten Mal im großen Kreis besprochen worden waren. Johansson sprach von einer „ermutigenden“ Diskussion, sie sehe keine unüberwindbaren Hindernisse für die kommenden Verhandlungen.

Die Asyl- und Migrationspolitik entzweit die EU-Länder seit Jahren. Eine 2016 von der damaligen Kommission gestartete großangelegte Reform blieb stecken. Vor zwei Wochen stellte die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen neue Pläne vor, die allerdings teils auf den damaligen aufbauen. Sie sehen für bestimmte Gruppen von Schutzsuchenden beschleunigte Asylverfahren an den EU-Außengrenzen vor. Ferner soll die Verantwortung für Migranten und Flüchtlinge gleichmäßiger verteilt werden. Besonders belastete Länder sollen unterstützt werden, indem ihnen andere Länder Zufluchtsuchende abnehmen, Rückführungen organisieren oder anderweitig helfen. Die Zusammenarbeit mit Herkunftstaaten soll ausgebaut werden.

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Seehofer, der die Sitzung am Donnerstag geleitet hatte, bekräftigte das Ziel einer Grundsatzeinigung innerhalb der deutschen EU-Ratspräsidenschaft, die noch bis Jahresende dauert. Dafür solle im November ein zusätzliches Treffen organisiert werden und im Dezember der Abschluss gefunden werden. Beide Male sollten die Minister wenn möglich physisch zusammentreffen, da persönliche Gespräche sehr wichtig seien, machte Seehofer klar.

Verschiedene Interessen

Seehofer verwies auf die verschiedenen Interessen der EU-Länder. Die fünf Mittelmeeranrainer, bei denen die meisten Menschen ankommen, wollten nicht auf den Flüchtlingen „sitzenbleiben“. Manche andere Länder hätten „etwas Distanz zur verpflichtenden Solidarität“. Deutschland selbst wolle durch die Reform keine „Sonderlasten“ zu tragen bekommen, hatte Seehofer schon vor der Sitzung klargemacht. Dabei bezog er sich auf die sogenannte Sekundärmigration, bei der bereits in der EU angekommene Flüchtlinge oft auf eigene Faust weiterziehen, häufig nach Deutschland.

Der Minister wandte sich zugleich gegen die Kritik, dass die EU sich abschotten wolle. „Unser Ziel ist, human und menschlich Asylrecht zu gewährleisten.“ Damit das Asylrecht auf Dauer bleibe und von der Bevölkerung akzeptiert werde, müssten aber die zwei Drittel der nicht Schutzberechtigten in die Heimat zurückgeführt werden. Das sei auch im Interesse der Herkunftsländer, weil die Betroffenen dort oft gebraucht würden.

Grüne fordern Einhaltung von Menschenrechten

Chance auf echten, menschenrechtsbasierten Neubeginn der europäischen Flüchtlingspolitik ergreifen Luise Amtsberg, Grünen-Sprecherin für Flüchtlingspolitik, hingegen bezweifelt, dass der vorgeschlagene neue Migrations- und Asylpaket die Blockade vieler Mitgliedsstaaten im Rat lösen wird. Sie fordert eine auf „menschenrechtsbasierten Neubeginn der europäischen Flüchtlingspolitik. Die Kommissionsvorschläge indes sehen eine Beschneidung der Rechte von Geflüchteten vor und belassen die Verantwortung für die Asylverfahren bei den Außengrenzstaaten“, so Amtsberg.

Nichts deute darauf hin, dass die Verfahren oder die geplanten Rückführungen aus den neuen Hotspots wirklich schneller abgewickelt werden könnten, ohne den Rechtsschutz für Asylsuchende auszuhebeln. „Tausenden Menschen, die nach wie vor schutzlos und ohne ausreichende Versorgung auf Lesbos ausharren, muss dringend geholfen werden. Hier muss die Kommission durchgreifen und dafür sorgen, dass diese Schutzsuchenden schnellstmöglich auf die Mitgliedstaaten verteilt werden. Der jetzige Zustand aus Unwillen und Wegschauen ist ein Armutszeugnis für die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten“, erklärte die Grünen-Politikerin. (epd/mig)