Sterbebegleitung für Migranten

Forscher betonen Bedarf an kultursensibler Hospizversorgung

Sterbebegleitung soll den Übergang zum Tod erleichtern. Doch für Menschen mit Migrationshintergrund ist die Palliativ- und Hospizversorgung noch keine Selbstverständlichkeit. Forscher der Uni Göttingen sind dem in einer Studie auf dem Grund gegangen.

Einen sterbenden Menschen auf seinem letzten Gang nicht alleine lassen – für Hospize und Palliativeinrichtungen ist das eine Selbstverständlichkeit. „Sterbende Menschen mit Migrationshintergrund finden aber viel zu oft gar nicht den Weg in eine hospizliche oder palliative Versorgung“, sagt der Soziologe Christian Banse an der Klinik für Palliativmedizin der Universitätsmedizin Göttingen. Dabei stünden Hospiz- und Palliativeinrichtungen grundsätzlich auch ihnen zur Verfügung.

Wo liegen die Hindernisse? Die Göttinger Forscher haben in Forschungsprojekten Hospiz- und Palliativeinrichtungen und deren Mitarbeiter zur Sterbebegleitung von Menschen mit Migrationshintergrund befragt. Zentrale Erkenntnis: „Pflegekräfte, Ärzte und auch ehrenamtlich tätige Personen können nicht nur wegen Sprachproblemen schwieriger auf die Bedürfnisse der Betroffenen eingehen, auch unterschiedliche kulturelle Lebensweisen und der Umgang mit Krankheit und Tod beeinflussen die Hospiz- und Palliativversorgung“, sagt die Soziologin Franziska Schade, die ebenfalls an der Göttinger Klinik tätig ist.

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Der Studie zufolge verfügen nur etwa 3,5 Prozent der befragten niedersächsischen Einrichtungen über besondere Angebote für Migranten. „Das können Angestellte mit ähnlichem kulturellem Hintergrund sein.“ Außerdem ziehen manche Einrichtungen laut Schade auch Dolmetscher hinzu. Dolmetscherdienste sollten nach Schades Auffassung von Krankenkassen oder Sozialhilfeträgern bezahlt werden.

Vernetzung mit religiösen Gemeinschaften

„Wollen Hospize oder Palliativversorger Migrantinnen und Migranten mit ihren Angeboten ansprechen, müssen diese davon auch erfahren“, sagt Banse. Hier helfe eine gute Vernetzung mit Hilfsorganisationen und auch zu den religiösen Gemeinschaften. So könnten Kontakte zu einem Imam und zu Kulturvereinigungen helfen, die Hospiz- und Palliativarbeit bekanntzumachen.

Dass Angehörige einem sterbenskranken Familienmitglied psychisch belastende Nachrichten überbringen müssen, nur weil es beim Personal an entsprechenden Sprachkenntnissen fehlt, sieht Banse sehr kritisch. Selbst wenn mehrsprachige Pflegekräfte einer Klinik zum Übersetzen herangezogen werden können, sei dies nicht ohne Probleme. Denn diese seien für die schwierigen Gespräche in der Regel nicht ausgebildet und mitunter selbst überfordert.

Offenheit heißt nicht Grenzenlosigkeit

Die Leiterin des Hospizes „Hamburg Leuchtfeuer“, Mareike Fuchs, weist auf eine weitere Voraussetzung für kultursensible Hospize hin: „Nur wenn man Raum und Zeit hat, kann man offen für die Bedürfnisse der Sterbenden sein.“ Auch die Familie sei wichtig, um dem Sterbenden Halt zu geben. Wolle ein Patient aber nicht im Beisein vieler Angehörigen sterben, müsse auch das erkannt werden.

„Offenheit heißt aber nicht Grenzenlosigkeit“, erklärt Fuchs. Auch Rücksichtnahme auf andere Menschen in ihrer letzten Lebensphase sei in Hospizeinrichtungen unverzichtbar. Fuchs erzählt von einem Pastor afrikanischer Herkunft im Hospiz Leuchtfeuer: „Für seine Gemeinde war es üblich, dass rund 20 Gemeindemitglieder ihn gleichzeitig besuchten, damit der Pastor noch einen Gottesdienst abhält.“ Das sei aber für alle Beteiligten zu viel geworden, so dass das Hospiz schließlich die Besucherzahl beschränkt habe. „Der Pastor war dann sehr dankbar, da die Besuche auch an seinen Kräften gezerrt hatten“, sagt die Hospizleiterin. (epd/mig)