Holocaust-Gedenktag

Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht andauernde Diskriminierung

Eine bis heute andauernde Diskriminierung von Sinti und Roma beklagt der Zentralratsvorsitzende Romani Rose anlässlich des Europäischen Holocaust-Gedenktags für Sinti und Roma. Viele lebten heute noch in Anonymität.

Der Zentralratsvorsitzende in Deutschland, Romani Rose, hat eine bis heute andauernde Diskriminierung von Sinti und Roma beklagt. „Viele leben lieber in der Anonymität, weil sie Angst vor Diskriminierung haben“, sagte der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma der „Neuen Westfälischen“. Dass viele Angehörige der Minderheit sich nicht offen zu ihrem Hintergrund äußern wollten, liege vor allem an den gängigen Negativklischees über „Zigeuner“.

Im WDR5-„Morgenecho“ verwies er auf die 2014 von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes veröffentlichte Großstudie „Bevölkerungseinstellungen zu Sinti und Roma“, wonach jeder dritte Deutsche Sinti und Roma als Nachbarn ablehnt. Das seien oft Leute, die gar nicht wüssten, dass sie sie bereits als Nachbarn hätten, betonte Rose.

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„Unsere Minderheit ist hier seit 600, 700 Jahren“, unterstrich der Zentralratsvorsitzende. Sinta und Roma seien integriert, als Arbeiter, Angestellte und Akademiker tätig. „Wir wollen unseren Beitrag in diesem Land tragen und übernehmen“, betonte Rose. „Wir sind deutsche Staatsbürger, aber wir verlangen auf der anderen Seite auch die gleichen Rechte.“

Völkermord erst 1982 anerkannt

Der Völkermord an den europäischen Sinti und Roma sei in Deutschland erst 1982 offiziell anerkannt worden, sagte Rose. In Europa hätten schon lange vor dem Holocaust vor allem Juden, Sinti und Roma als Sündenböcke gegolten, erklärte Rose. „Einige aus unserer ursprünglichen Volksgruppe haben immer noch damit zu tun, ihre Identität wiederzufinden“.

Rose warnte zugleich vor einem neuen Nationalismus in Europa. In EU-Mitgliedsstaaten wie Ungarn oder Polen gehe die politische Entwicklung mit einem Geschichtsrevisionismus einher. In Deutschland versuche die AfD, „völkisches Gedankengut hoffähig zu machen“, kritisierte Rose. Die Partei jongliere mit Geschichte und Sprache. Das zeige sich unter anderem bei der Glorifizierung der Wehrmacht und der Forderung nach einer erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad. „Die Rechtsextremisten innerhalb und außerhalb der AfD sind eine Gefahr für Deutschland“, warnte er.

NS-Kontinuität nach 1945

Zugleich würdigte der Bürgerrechtsaktivist die Erinnerungskultur in Deutschland. Historisches Gedenken sei „keine Übertragung von Schuld, sondern die lebendige Verpflichtung, sich gegen Antiziganismus, Antisemitismus und Rassismus zu stellen“.

In der Nacht vom 2. zum 3. August 1944 wurden die in Auschwitz – Birkenau noch lebenden Sinti und Roma in den Gaskammern ermordet. Laut „Terno Drom e. V.“, eine Roma-Jugendorganisation in Nordrhein-Westfalen, steht dieses Datum symbolisch auch für die NS-Kontinuität nach 1945. Stellvertretend dafür steht das Schicksal der Überlebenden Anna Eckstein, die 1951 einen Antrag auf ,,Wiedergutmachung‘‘ gestellt hatte und von der Kriminalpolizei vorgeladen wurde. Empfangen und verhört wurde sie dabei von einem ehemaligen SS-Mann. (epd/mig)