"Kleiner Schritt"

Weitere Kinder aus griechischen Lagern angekommen

Deutschland setzt die Aufnahme von besonders schutzbedürftigen Kindern und ihren Familien aus den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln fort. Hilfsorganisationen begrüßen das, fordern aber deutlich mehr Aufnahmen.

Auf dem hessischen Flughafen Kassel-Calden sind am Freitag weitere Kinder aus griechischen Flüchtlingslagern mit ihren Familien angekommen. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums handelt es sich um 18 behandlungsbedürftige Kinder und 65 Familienangehörige. Sie stammen aus Afghanistan, dem Irak, Syrien, den Palästinensergebieten und Somalia. Die Flüchtlinge werden auf neun Bundesländer verteilt, nach Niedersachsen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Bremen, Baden-Württemberg, Hamburg und Berlin.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erklärte, Deutschland könne die Kinder mit großer Akzeptanz in der Bevölkerung aufnehmen, „weil unsere Migrationspolitik wieder im Gleichgewicht ist“. Außerdem sei auf dem schwierigen Weg zu einer gemeinsamen Asylpolitik die Solidarität mit den Staaten an den EU-Außengrenzen unverzichtbar, erklärte der CSU-Politiker. Seehofer will unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft bis Ende des Jahres eine Einigung erreichen.

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Hilfs- und Flüchtlingsorganisationen mahnten übereinstimmend, Deutschland müsse mehr tun. Das Kinderhilfswerk Unicef erklärte, die Kinder hätten in Deutschland die Chance auf einen Neuanfang, doch könnten viele weitere besonders schutzbedürftige Kinder der katastrophalen Situation auf den Inseln nicht entrinnen.

Diakonie: Deutschland muss mehr Menschen aufnehmen

Maria Loheide vom Vorstand der Diakonie Deutschland erklärte, angesichts von 40.000 Geflüchteten auf den griechischen Inseln, darunter rund 6.000 unbegleitete Minderjährige, müsse Deutschland mehr Menschen aufnehmen. Sie verwies auf die Bereitschaft von 151 Städten und Gemeinden, zusätzliche Flüchtlinge unterzubringen. Auch die Bundesländer hätten auf der Innenministerkonferenz über 2.000 Plätze zugesagt, die nicht ausgeschöpft würden, kritisierte Loheide.

Deutschland hatte im März zugesagt, im Rahmen einer europäischen Hilfsaktion besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aus den Lagern auf den griechischen Inseln aufzunehmen. Mitte April war ein erster Flug mit 47 Kindern und Jugendlichen angekommen. Insgesamt sollen 243 behandlungsbedürftige Kinder mit ihren Familienangehörigen in Deutschland aufgenommen werden.

Kleiner Schritt

Die Hilfsorganisation World Vision erklärte, einige EU-Länder und Deutschland setzen zwar ein positives Signal, doch es handele sich „wieder nur um einen kleinen Schritt in die richtige Richtung“. Ähnlich äußerte sich die Organisation „Save the Children“. Die Kinder litten unter körperlichen, geistigen oder psychischen Erkrankungen, Epilepsie oder Herzfehlern. Sie bräuchten, wie noch viele andere, dringend medizinische Hilfe.

SPD-Chefin Saskia Esken äußerte sich erfreut über Ankunft der Flüchtlingsfamilien. Es müsse alles getan werden, um die menschenunwürdigen Zustände in den griechischen Lagern zu beenden, sagte sie dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Freitag). Die Koalition habe vereinbart, dass von dort 1.000 besonders hilfsbedürftige Flüchtlinge aufgenommen werden sollen. Sechs weitere Transporte sollen Esken zufolge im Wochenabstand folgen. Die Kinder erhielten nicht nur eine medizinische Behandlung, „sondern zudem Sicherheit und Perspektive“, sagte die SPD-Vorsitzende. (epd/mig)