Osteuropäische Arbeiter

DGB: Fleischbarone nicht aus Verantwortung lassen

Hubertus Heil will ein Gesetz zu Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft vorlegen. Das geht dem DGB nicht weit genug. Höchstes Ziel sei Verbot von Werkverträgen. Fleischwirtschaft warnt vor einer „Ungleichbehandlung“ gegenüber anderen Branchen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) dringt auf eine strikte Gesetzgebung für bessere Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie. Die stellvertretende Vorsitzende des DGB-Bundesvorstands, Anja Piel, sagte dem „Evangelischen Pressedienst“ in Berlin, der Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sei „eine gute Basis, um gegen die menschenverachtenden Zustände und die Ausbeutung in den Schlachthöfen vorzugehen“. „Aber wir wollen, dass er nachgeschärft wird, damit keine Schlupflöcher entstehen“, fügte sie hinzu. Die Fleischwirtschaft indes hält das von der Bundesregierung geplante Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit für verfassungswidrig und prognostiziert deutlich steigende Preise.

Piel indes kritisierte an dem Entwurf zu weit gefasste Ausnahmen und die Bestimmungen zu den Kontrollen durch Arbeitsschutzbehörden. Dem Entwurf zufolge müssten bis 2026 fünf Prozent der Betriebe kontrolliert werden: „Das muss schneller gehen“, forderte Piel: „Die Bundesländer müssen eine höhere Kontrolldichte erreichen.“ Es habe seit Jahren kaum noch Kontrollen gegeben. Die Länder müssten mehr Personal einstellen: „Wenn sich was ändern soll, muss auch kontrolliert werden, ob sich was geändert hat“, sagte Piel.

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Arbeitsminister Heil hatte nach massiven Corona-Ausbrüchen unter Arbeitern angekündigt, bis Ende Juli einen Gesetzentwurf zur Regulierung der Fleischindustrie auf den Weg zu bringen. Zentrale Vorhaben sind mehr Kontrollen, ein Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit in den großen Schlachthöfen sowie Vorschriften für bessere Unterkünfte. Das gegenwärtige System macht die vorwiegend osteuropäischen Arbeiter von Subunternehmern abhängig und verdeckt die Umgehung von Arbeits- und Gesundheitsschutz, Mindestlöhnen und Mindeststandards für die Unterkünfte.

Fleischwirtschaft beklagt abstruse Ungleichbehandlung

Der Sozialpolitische Ausschuss der deutschen Fleischwirtschaft beklagt einem Bericht der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ zufolge eine „abstruse Ungleichbehandlung“ gegenüber anderen Branchen. Es sei nicht erklärbar, warum beim Portionieren und Verpacken von Käse künftig anderes Arbeitsrecht gelten sollen als bei Wurst, heiße es in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf. Die Fleischwirtschaft sei auch künftig auf Leiharbeiter angewiesen, um Produktionsspitzen etwa zur Grillsaison abzufangen. Würden Werkverträge und Leiharbeit verboten, verteure das die Produktion.

„Der Verbraucherpreis dürfte demzufolge um 10 bis 20 Prozent je Kilo und Produkt ansteigen“, heiße es in der Stellungnahme. Es sei damit zu rechnen, dass Produktion und Tierhaltung ins Ausland abwandern.

Oberstes Ziel: Werkverträge und Leiharbeit verbieten

Als Alternative zu den Gesetzesvorhaben nennt die Fleischwirtschaft einen Branchentarifvertrag. Dieser „wäre das effektive Mittel, um Schlupflöcher für schwarze Schafe zu schließen“.

DGB-Vorständin Piel sagte, oberstes Ziel sei, dass die Unternehmen ihre Beschäftigten einstellen. „Dafür müssen auch konzerninterne Werkverträge und Leiharbeit verboten werden. Die Fleischbarone dürfen keine Möglichkeit mehr haben, Verantwortung auszulagern“, forderte sie. Dann müsse es darum gehen, dass die Beschäftigten im neuen Arbeitsverhältnis nicht weiter ausgebeutet werden. Dafür sei unter anderem die im Gesetzentwurf vorgesehene elektronische Arbeitszeiterfassung erforderlich, die manipulationssicher sein müsse. (epd/mig)