Spott und Kritik im Netz

Seehofer fordert Studie über Gewalt gegen Polizisten

Eine Studie über rassistische Polizeikontrollen lehnte Horst Seehofer kürzlich ab. „Racial Profiling“ sei ohnehin verboten. Jetzt fordert der Innenminister eine Studie über Gewalt gegen Polizei – obwohl ebenfalls verboten; und Studien dazu gibt es auch schon. Im Netz hagelt es Spott und Kritik.

Nach den nächtlichen Krawallen in Frankfurt am Main hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CDU) eine Studie über Gewalt gegen Polizeibeamte gefordert. Die Untersuchung müsse der Frage nachgehen, was in Deutschland seit Längerem dazu führe, „dass die Polizei – bis in wichtige Bereiche der Politik und der Medien hinein – so beschimpft und verunglimpft“ werde, sagte Seehofer dem Münchner Merkur. „In Deutschland reden ja gerade viele über Polizei-Studien“, sagte Seehofer. „Wir bräuchten nach meiner Überzeugung eine Studie über Gewalt gegen Polizeibeamte.“

Seehofer forderte größeren Respekt vor Polizisten und forderte eine „Rückkehr zu einem Grundkonsens in unserer Gesellschaft“. „Polizeibeamte handeln im Auftrag der Gemeinschaft. Die schlägt man nicht, bespuckt man nicht, beleidigt man nicht“, so Seehofer.

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Die Ankündigung des Ministers über eine Studie über Gewalt gegen Polizisten löste im Netz eine Welle der Empörung aus. Seehofer hatte kürzlich seine Absage an eine Studie über Rassismus bei der Polizei verteidigt. Die Journalistin Şeyda Kurt schrieb auf dem Kurznachrichtendienst Twitter: „Jeden Tag sitzt Seehofer wohl in seinem Eisenbahnkeller und grübelt, wie er Opfer rechter (Polizei)Gewalt weiter verhöhnen kann.“ Grünen-Bundestagsabgeordnete Canan Bayram schrieb auf Twitter: „Ohrfeige für alle, die darauf vertrauen, dass ein Bundesinnenminister sich für ihre Sicherheit interessiert. Seehofer fordert Studie über Gewalt gegen Polizisten, aber er lehnt Studien zur Bekämpfung von Rassismus ab.“

Die Studie gibt es schon

Das Bundesinnenministerium hatte die Studie über die rassistische Polizeipraxis „Racial Profiling“ mit der Begründung abgelehnt, dass polizeiliche Personenkontrollen aufgrund äußerlicher Merkmale wie Hautfarbe ohnehin verboten sind. In Anspielung darauf twitterte Irene Mihalic (Grüne): „Aber Gewalt gegen Polizeibeamte ist doch verboten. Der Logik des Bundesinnenministeriums folgend wäre eine solche Studie ebenso überflüssig wie eine Studie zu Racial Profiling.“

Der Journalist Stephan Anpalagan macht darauf aufmerksam, dass das Bundeskriminalamt bereits seit Jahren Gewalt gegen Polizisten untersucht und dazu jährlich ein „Bundeslagebild“ herausgibt.

Partys nur noch bis Mitternacht

Die Stadt Frankfurt am Main hat derweil als Reaktion auf die Randale vom Wochenende ein Betretungsverbot für den Opernplatz angekündigt. Künftig sollen die dort üblichen Freiluftpartys am Freitag und Samstag bereits gegen Mitternacht enden, teilte die Stadt am Montag mit. Bereits um 23.30 Uhr würden Mitarbeiter der Stadtreinigung anrücken, um den Platz vom Müll zu befreien. Um 1 Uhr morgens werde er von Sicherheitskräften geräumt.

„Frankfurt ist und bleibt eine weltoffene und tolerante Stadt, die ihre zentralen Plätze nicht für Bewohner und Besucher sperrt“, sagte Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) nach einem Gespräch mit Sicherheitsdezernent Markus Frank (CDU), Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne) und Polizeipräsident Gerhard Bereswill. Dennoch sei nach den Gewalt-Szenen klar, dass es so nicht weitergehen könne. Bereits das Müllproblem der vergangenen Woche habe viele Menschen verärgert, mit den Übergriffen auf Polizeibeamte sei jedoch eine rote Linie überschritten worden.

Auf dem Platz vor der Alten Oper waren in der Nacht zum Sonntag aus einer Menge von 500 bis 800 Menschen Flaschen auf Polizisten geworfen worden, die einem Opfer einer Schlägerei zu Hilfe eilen wollten. Mindestens fünf Beamte wurden dabei verletzt. 39 Randalierer im Alter zwischen 17 und 23 Jahren wurden vorübergehend festgenommen. An mehreren Polizeifahrzeugen sowie an einer Bushaltestelle an der Alten Oper entstand ein Sachschaden von mehreren Tausend Euro. (epd/mig)