Europa setzt auch auf afrikanische Polizeistrukturen, um die Überfahrt von Bootsflüchtlingen über das Mittelmeer zu stoppen. Wie das Bundesinnenministerium in Berlin mitteilte, vereinbarten die Innenminister von EU-Staaten und nordafrikanischen Ländern am Montag in einer Videokonferenz eine stärkere Schleuserbekämpfung.
In einer Erklärung der EU-Teilnehmer hieß es, man wolle eine engere Zusammenarbeit zwischen der Behörde für Polizeikooperationen der Afrikanischen Union (Afripol) und den EU-Agenturen Frontex und Europol sowie des Europäischen Netzwerks von Verbindungsbeamten für Einwanderung fördern. Vorgesehen seien zudem Ausbildungsprojekte sowie finanzielle Hilfen für technische Ausstattung.
Seehofer: Zusammenarbeit mit Nordafrika unerlässlich
An der Ministerkonferenz nahmen Frankreich, Deutschland, Italien, Malta und Spanien teil sowie die EU-Kommissare für Inneres und für Europäische Nachbarschaftspolitik. Auf afrikanischer Seite waren es Innenminister aus Algerien, Libyen, Mauretanien, Marokko und Tunesien.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erklärte: „Die EU-Mitgliedstaaten eint das Ziel, Tote im Mittelmeer zu verhindern. Dazu gehört, dass wir aus Seenot Geretteten helfen. Zugleich müssen wir die Bekämpfung der Schleuserkriminalität stärken.“ Dafür sei die Zusammenarbeit mit Partnern in Nordafrika unerlässlich. Diese solle während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in den kommenden Monaten weiter ausgebaut werden.
Umgang mit Bootsflüchtlingen ungewiss
Innerhalb der EU gibt es derweil noch immer keine Verständigung über den Umgang mit Bootsflüchtlingen, da nur wenige EU-Länder zur Aufnahme von aus Seenot geretteten Migranten und Flüchtlingen bereit sind.
Amnesty International warnte vor einer „Auslagerung der Verantwortung für die Aufnahme Schutzsuchender“. Dies sei eine „Farce und geht oft mit Menschenrechtsverletzungen einher“, erklärte die Organisation. Julia Duchrow, Vize-Generalsekretärin von Amnesty: „Weil nicht alle europäischen Länder bereit dazu sind, Schutzsuchende aufzunehmen, sollen nordafrikanische Staaten weiterhin dafür sorgen, dass Menschen auf der Flucht die EU-Außengrenzen gar nicht erst erreichen.“
Amnesty: Menschen werden eingesperrt und misshandelt
Amnesty weist daraufhin, dass die bisherige Kooperation mit Libyen zu schwersten Menschenrechtsverletzungen geführt hat, weil geflüchtete Menschen dort willkürlich eingesperrt und misshandelt werden. „Das Training und die Versorgung mit technischem Gerät der libyschen Küstenwache durch Deutschland und andere EU-Mitgliedsstaaten führt dazu, dass die libysche Küstenwache aus Seenot Gerettete zurück in Folter und Haft bringt. Dies muss ein Ende haben“, kritisiert Duchrow.
Eine fehlende europäische Seenotrettungsmission habe die Fluchtroute über das zentrale Mittelmeer zur tödlichsten der Welt gemacht. Trotzdem würden die Crews privater Seenotrettungsorganisationen, die staatliches Versagen kompensieren, strafrechtlich verfolgt – jüngstes Beispiel: das am Donnerstag im sizilianischen Empedocle festgesetze Seenotrettungsschiff „Sea-Watch 3“. (epd/mig)