Bootsflüchtlinge auf Viehfrachter

EU-Innenministertreffen zur Seenotrettung ohne greifbare Zusagen

Das erste Mal unter Vorsitz von Horst Seehofer sprachen die EU-Innenminister über die Anlandung von aus Seenot geretteten Migranten und Flüchtlingen. Konkretes kam dabei nicht heraus. Derweil harren Bootsflüchtlinge im Mittelmeer auf einem Viehfrachter aus.

Das erste Treffen der EU-Innenminister unter Vorsitz von Horst Seehofer (CSU) ist ohne greifbare neue Verständigung über den Umgang mit Bootsflüchtlingen zu Ende gegangen. Es könnten sich aber mehr Mitgliedsländer solidarisch zeigen, wenn eine dauerhafte Lösung in der Asylpolitik absehbar sei, sagte Seehofer am Dienstag nach der virtuellen Tagung in Berlin. Gleichzeitig harrten über 50 aus Seenot gerettete Menschen auf dem Viehfrachter „Talia“ im Mittelmeer aus.

Es handelte sich um eine informelle Tagung, die ohne formelle Beschlüsse enden. Seehofer hatte vor der Sitzung wenige Tage nach Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft beklagt, dass weiterhin nur wenige EU-Länder zur Aufnahme von aus Seenot geretteten Migranten und Flüchtlingen bereit seien. Nachher gestand er ein, dass es keine Zusagen weiterer Länder über die üblichen rund sechs bis zehn Staaten – darunter Deutschland – hinaus gebe.

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Seenotrettung hat Seehofer nicht im Sinn

Allerdings könnten sich weitere Länder vorstellen, zum Beispiel Kontrollschiffe, Personal oder Geld zur Verfügung zu stellen. Eine neue staatliche Mission zur Seenotrettung hat Seehofer dabei nicht im Sinn.

Entscheidend auch für den Umgang mit Bootsflüchtlingen ist nach den Worten des Ministers eine Gesamtlösung in der Asylpolitik. Daran seien alle Mitgliedstaaten interessiert und zeigten sich konstruktiv. Die EU-Kommission will voraussichtlich im September ihren Vorschlag dazu vorlegen, wie Innenkommissarin Ylva Johansson am Dienstag bekräftigte. Seehofer hofft für die bis Jahresende laufende deutsche Ratspräsidentschaft auf einen „großen Sprung“ in dem Dossier.

52 Bootsflüchtlinge harren auf Viehfrachter aus

Unterdessen harrten auf dem libanesischen Viehfrachter „Talia“ im Mittelmeer 52 Bootsflüchtlinge aus. Die Besatzung hatte sie am Freitag auf Anweisung der maltesischen Behörden aus Seenot gerettet. Malta und auch Italien verweigern dem Schiff jedoch die Anlandung. Die Flüchtlinge, die mehrheitlich aus Somalia und Dschibuti stammen, müssen in Viehverschlägen ausharren. Viele benötigen dem Kapitän zufolge dringend medizinische Hilfe.

Vor diesem Hintergrund forderte die Linken-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke, „die schikanöse Behandlung“ von Handelsschiffen, die Schutzsuchende retten, zu beenden. Schiffsbesatzungen und Betreiber dürften nicht regelrecht bestraft werden, wenn sie ihrer Pflicht zur Seenotrettung nachkämen, erklärte Jelpke.

Marquard: Deutschland soll mit gutem Beispiel vorangehen

Der Grünen-Europapolitiker Erik Marquardt schlug vor, dass Deutschland bei der Seenotrettung mit gutem Beispiel vorangehe: „Man sollte Malta zusagen, 2.500 Menschen und ihre Asylverfahren zu übernehmen, wenn sie Menschen in ihrer Seenotrettungszone wieder aus Seenot retten. Das wäre einfach umsetzbar und würde viele Menschenleben retten.“

Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm sagte am Dienstag im RBB-Inforadio, er unterstütze ausdrücklich Seehofers Anliegen, dass mehr EU-Staaten Migranten aufnehmen, die aus Seenot gerettet wurden. Damit sollen vor allem Italien und Malta unterstützt werden, die von den Flüchtlingsschiffen zuerst angesteuert werden. (epd/mig)