Nebenan

Tote fliehen nicht

Corona hält Europa im eisernen Griff. Deutschland nutzt die Zeit, um der AfD-Basis zu gefallen – und um Fluchtursachen zu bekämpfen. Aber warum brauchen wir dafür Kanonenboote?

Corona hält Europa im eisernen Griff und trotzdem zeigt sich, dass die GroKo auch weit über diese bessere Grippe hinaus daran arbeitet, die von der AfD geforderte Festung Europa zu militarisieren. Während also der deutsche Michel noch immer ob Trumps Versuchs eine Mauer zu Mexiko zu bauen den Kopf schüttelt, rüstet seine Regierung auf.

Während zurzeit noch gesundheitliche Gründe vorgeschoben werden können, kein „Asylantenpack“ mehr ins Land zu lassen und so der AfD-Basis zu gefallen, wird nämlich bereits geplant für die Zeit, in der diese Ausrede nicht menschlich zu sein nicht mehr ziehen wird.

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Und so werden derzeit halt die 86 Meter langen „Patrouillenboote“ der „Potsdam-Klasse“ der „Bundespolizei“ mit 57mm-Kanonen mit einer Reichweite von 17 Kilometern und einer Feuerrate von 220 Schuss pro Minute ausgestattet – sie wissen schon: die Art von Geschütz, die die Polizei benötigt, um Bankräuber im Wattenmeer zu jagen. Dazu gibt’s noch auf jeder Seite je ein 12,7mm Maschinengewehr spendiert, damit auch ja kein Verkehrssünder auf Helgoland mehr falsch parkt.

Man kann der Bundespolizei natürlich zugutehalten, dass sie ganz offen damit umgeht, im Mittelmeer Jagd auf Flüchtlinge machen zu wollen, und zwar nicht nur im Rahmen von Frontex, sondern auch darüber hinaus, soweit sich die Möglichkeit einmal ergeben sollte. Trotzdem stellt sich eigentlich doch die Frage, warum die Polizei ausgerechnet jetzt, erstmals seit Ende des Kalten Krieges, unbedingt wieder große Kanonenboote brauchen sollte, zumal in aller Welt. Um überfüllte Schlauchboote auf dem Mittelmeer loszuwerden scheint mir das jedenfalls stark übertrieben.

Aber die Bundespolizei verweist ja gern auch darauf, dass man ja zusammen mit der GSG-9 zum Beispiel irgendwo im Indischen Ozean all diejenigen abknallen müsse, die aus purer Verzweiflung, dass wir ihnen die Fische vor der Nase weggefischt haben, ihre Fischerboote plötzlich ganz anders nutzen. Wir leben ja schließlich in dem Zeitalter der Piraterie – und Fluchtursachen bekämpfen ist das Mantra unserer Zeit.

Wer könnte schließlich bezweifeln, dass eine der Hauptursachen einer gelungenen Flucht das „am Leben sein“ per se ist, ein Umstand der sich bei dreieinhalb Schuss die Sekunde quer über den Horizont hinweg leicht beheben lässt: Tote fliehen nicht.

Und wie wusste denn schon der südgrüne Provinzbürgermeister? Wir würden da ja doch nur Leute retten, die sowieso irgendwann sterben. So lässt sich Artikel 1 Grundgesetz natürlich auch zusammenfassen – vor allem, wenn man sich auf seine eigene Medienpräsenz einen von der Palme wedelt.