Auf Corona getestet

Die ersten 47 Flüchtlingskinder sind in Deutschland angekommen

Die ersten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge aus griechischen Lagern sind in Deutschland eingetroffen. Sie müssen zunächst zwei Wochen in Quarantäne. Hilfsorganisationen mahnen an, weitere Menschen aus Griechenland zu holen.

Eine erste Gruppe von unbegleiteten Flüchtlingskindern aus den griechischen Lagern ist am Samstagvormittag in Niedersachsen eingetroffen. Die 42 Kinder und fünf Jugendlichen würden zunächst für eine zweiwöchige Quarantäne in einer Einrichtung im Landkreis Osnabrück untergebracht, bevor sie auf andere Bundesländer verteilt würden, teilten die Innenministerien des Bundes und des Landes Niedersachsen mit. Die EU-Kommission und Hilfsorganisationen lobten die Aktion, forderten aber zugleich die schnelle Aufnahme weiterer Kinder und auch Erwachsener.

Die Aufnahme der 47 Kinder sei „das Ergebnis monatelanger Vorbereitungen und intensiver Gespräche mit unseren europäischen Partnern“, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Samstag. Laut Bundesinnenministerium sollen mindestens 350 Minderjährige nach Deutschland kommen.

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Vorher auf Corona getestet

Die unbegleiteten Kinder und Jugendlichen waren den Angaben zufolge zuvor in Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln Lesbos, Samos und Chios untergebracht. Sie stammten aus Afghanistan, Syrien und Eritrea. Unter ihnen befänden sich vier Mädchen und einige Geschwisterpaare. An Bord des Flugzeuges befanden sich auch zwei Kinder, die von ihrem Vater nach Griechenland entführt und zu ihrer in Deutschland lebenden Mutter zurückgebracht wurden. Alle Kinder und Jugendlichen seien vor der Abreise auf eine mögliche Covid-19-Infektion getestet worden.

Ursprünglich waren 55 Kinder am Samstag in Deutschland erwartet worden. Bei sechs Kindern habe sich kurzfristig in Athen herausgestellt, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht reisefähig waren, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums. Sie würden derzeit von den griechischen Behörden betreut. „Wir stehen aber zu unserer Zusage, dass wir diese Kinder aufnehmen.“ Wann sie nach Deutschland kommen könnten, sei noch offen.

„Geste der Menschlichkeit“

Das UN-Kinderhilfswerk Unicef würdigte die Aufnahme der Jungen und Mädchen als „Geste der Menschlichkeit“. Der Geschäftsführer von Unicef Deutschland, Christian Schneider, forderte Deutschland und Europa zugleich auf, weitere Kinder aufzunehmen. Die Covid-19-Pandemie könne für die Kinder und ihre Familien unter den katastrophalen Lebensumständen in den Lagern verheerende Folgen haben. Die Aufnahme schutzbedürftiger Kinder sei für alle europäischen Staaten „eine menschenrechtliche Verpflichtung“.

Anja Sportelli vom Seebrücke-Bündnis Berlin sagte, die Anzahl der aufgenommenen Kinder sei „beschämend“, weil sie zu gering sei. 150 Kommunen in Deutschland hätten sich bereiterklärt, Flüchtlinge aufzunehmen. „Ein bisschen retten geht nicht. Wir müssen alle evakuieren – bevor es zu spät ist“, forderte sie.

EU-Kommissarin besorgt

Auch EU-Migrationskommissarin Ylva Johansson zeigte sich besorgt angesichts eines drohenden Ausbruchs von Covid-19 in den Lagern. Sie mahnte gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe weitere Umverteilungsaktionen an. Neben den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen gebe es weitere gefährdete Gruppen.

Zehn EU-Mitgliedstaaten hatten vereinbart, insgesamt 1.600 besonders schutzbedürftige unbegleitete Kinder aus den Lagern herauszuholen. Wegen der Corona-Pandemie verzögert sich in einigen europäischen Staaten aber die Aufnahme. „Ich gehe davon aus, dass unsere europäischen Partner damit beginnen, ihre Zusagen nun ebenfalls sobald wie möglich umzusetzen“, sagte Seehofer. Bereits am Mittwoch dieser Woche waren zwölf unbegleitete Kinder und Jugendliche in Luxemburg eingetroffen. (epd/mig)