23.000 Personen im Lager

Flüchtlingscamp Moria: Jeder Tag ohne Corona Glücksfall

Auf der griechischen Insel Lesbos gibt es sechs Intensivbetten und bereits fünf bekannte Corona-Fälle. Und das Virus hat noch nicht einmal das mit 23.000 Personen überfüllte Flüchtlingscamp „Morina“ erreicht – noch nicht.

Angesichts der Gefahr eines Corona-Ausbruchs im Flüchtlingscamp Moria auf der Insel Lesbos fordern Flüchtlingsinitiativen die EU und Deutschland auf, neben Kindern auch Alte und Kranke aus dem Lager zu holen. „Es muss eine konzertierte Aktion von Europa geben, um erst einmal die herauszuholen, die zum Tode verurteilt sind durch das Coronavirus, nämlich Ältere und kranke Menschen“, sagte der Entwicklungshelfer und Nahost-Experte Thomas von der Osten-Sacken dem „Evangelischen Pressedienst“ auf der griechischen Insel Lesbos. Das vollkommen überfüllte Camp Moria sei für 3.000 Menschen ausgerichtet, aktuell lebten dort aber circa 23.000 Menschen „unter unsäglichen Bedingungen“.

Jeder Tag ohne Corona in Moria sei ein Glücksfall. „Doch irgendwann wird es passieren und dann ist die Katastrophe da. Wenn Alte und Kranke sterben, ist das die Verantwortung Europas“, sagte Osten-Sacken, der Geschäftsführer des Frankfurter Vereins Wadi ist. Wadi unterstützt seit Oktober 2017 die lokale Bildungsinitiative „Stand by me Levsos“ im Camp Moria. Seit Wochen lägen diese Forderungen der Flüchtlingsorganisationen auf Lesbos der EU vor. Die Bundesregierung und andere EU-Staaten hatten sich zuletzt bereiterklärt, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und kranke Kinder mit ihren Familien aus den überfüllten Camps in Griechenland zu holen.

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    Um die Menschen in Moria über Corona aufzuklären, habe „Stand by me Levsos“ zusammen mit der selbst organisierten Flüchtlingsgruppe „Moria Corona Awareness Team“ erst einmal selbst geschriebene Plakate gemalt, sagte Osten-Sacken. „Niemand wusste im Camp, was das Virus ist.“ In der Zwischenzeit seien die Informationen in verschiedene Sprachen übersetzt und Plakate gedruckt worden. Seit ein paar Tagen gebe es zudem improvisierte Handwasch-Stationen in Form von Tanklastern, die man normalerweise zur Bewässerung von Olivenhainen benutzt.

    Zumindest Händewaschen können

    „Wir haben Wasserhähne reingeschraubt, die Tanks auf Ständer gestellt und sie überall an die Eingänge des Camps platziert – so dass sich die Menschen wenigstens die Hände waschen können.“ Zudem hätten die Flüchtlingsinitiativen Megafone gekauft. „Jetzt laufen Teams durch das Lager, um einfachste Erklärungen durchzugeben.“

    Noch sei Corona nicht im Camp Moria ausgebrochen, es gebe jedoch bereits fünf Fälle und nur sechs Intensivbetten auf der ganzen Insel. „Das heißt, das Gesundheitssystem ist kurz vorm Kollaps – schon jetzt.“ Das Wichtigste sei gerade, dass Flüchtlinge wissen: „Am besten im Camp bleiben, möglichst wenig Sozialkontakt und wenn man von außen das Lager betritt: Hände waschen!“ Seit dem 1. März würden deshalb auch keine neuen Flüchtlinge mehr aus der Türkei ins Camp gelassen. (epd/mig)