Nützlichkeitsrassismus

Opfer von Hanau – Hauptsache Arbeit

Warum wird immer wieder betont, dass die Opfer in Hanau nicht arbeitslos waren? Und warum betonen selbst die Hinterbliebenen diesen Aspekt? Offenbar gibt es in Deutschland Fragen, die nur Migranten beantworten müssen.

Der 19. Februar 2020 wird als ein neuer blutiger Tag in die Geschichte des deutschen Rechtsterrorismus eingehen. Im hessischen Hanau erschoss ein rechtsextremer Täter, neun Menschen im Alter zwischen 21 und 44 Jahren in zwei Shishabars.

Die hiesige Presse berichtet über dieses traurige Ereignis auf eine bemerkenswerte Art, die zu einem zeigt, wie stark die politische Debatte in Deutschland verschoben worden ist. Die vermeintliche Rolle von Migranten lässt auch viele Fragen offen.

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Das Problem beginnt schon damit, dass über ein fremdenfeindliches Motiv gesprochen wird, also der Verortung der Opfer als Ausländer. Für die Ermordeten war Deutschland der Lebensmittelpunkt. Einige von ihnen waren deutsche Staatsbürger. Wie kann also hier eigentlich die Rede von Fremden sein, wenn sie rechtlich, emotional und sozial Teil dieses Landes sind?

Selbst wenn sie alle keine deutsche Staatsbürgerschaft hätten, muss dieses Land für ihre körperliche Unversehrtheit sorgen. Das ist eine staatliche Verpflichtung gegenüber allen Menschen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Wenn wir immer wieder die Staatsbürgerschaft hervorheben, wollen wir was zum Ausdruck bringen? Alle haben das Recht auf Leben und das ist unbestreitbar.

Nach einem derartigen Anschlag ist es sehr wichtig die Opfer in den Mittelpunkt zu stellen. Dies wurde zwar gemacht, jedoch war die Art und Weise durchaus problematisch. Es wurde sehr ausführlich über ihre Rolle in der Gesellschaft, aber vor allem der Fakt, dass sie arbeiten, hervorgehoben. Wieso ist bei Menschen mit Migrationshintergrund dieser Fakt so unglaublich wichtig? Sind Migranten, die nicht arbeiten oder in einem Bowling-Verein Mitglied sind weniger wert?

Selbst die Hinterbliebenen erwähnen immer wieder diesen Aspekt, der doch vollkommen irrelevant ist. Sie tun es, weil sie gewohnt sind, sich in diesem Land zu rechtfertigen. Ein Migrant muss sich Fragen stellen, die ein Bio-Deutscher niemals hört. Es gibt also „gute“ Migranten bzw. Deutsche, die ewig über ihren Migrationshintergrund definiert werden müssen und solche, die diesem Land keinen besonderen Nutzen bringen.

Wir müssen lernen, das Menschenleben in den Vordergrund zu stellen und nicht die Herkunft, Rolle in der Gesellschaft oder bei der Arbeit. Wenn ein Menschenleben erloscht, geht eine ganze Welt zugrunde.

In Hanau sind neun Welten und die der Angehörigen untergegangen. Der Rest ist irrelevant.