Studie

Krisen in Afrika erhielten 2019 die wenigste Aufmerksamkeit

Das öffentliche Interesse für den Klimawandel und seinen Folgen scheint gewachsen zu sein – wenn sie nicht in Afrika stattfinden. Das zeigt eine aktuelle Studie. Neun von zehn Krisen, über die Medien am wenigsten berichtet haben, liegen in Afrika – mit schwerwiegenden finanziellen Folgen.

Die Hilfsorganisation Care beklagt mangelnde Aufmerksamkeit der Medien für humanitäre Krisen in Afrika. Neun der zehn vergessenen Krisen im vergangenen Jahr seien auf dem afrikanischen Kontinent geschehen, heißt es in dem Bericht „Suffering in Silence“ (Leiden in Stille), der am Dienstag in Berlin veröffentlicht wurde. Ganz oben auf Platz 1 der Liste steht Madagaskar, wo 2,6 Millionen Menschen durch klimatische Veränderungen hungern.

Es folgt die Zentralafrikanische Republik, wo wegen eines brutalen Bürgerkriegs 2,6 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen sind. Sambia landete auf dem dritten Platz, weil dort wegen wiederholter Ernteausfälle etwa 2,3 Millionen Menschen dringend Nahrungsmittelhilfe brauchen.

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„Wir beobachten seit langem einen Zusammenhang zwischen der vom Menschen verursachten globalen Erwärmung und der Länge und Komplexität von humanitären Krisen“, erklärt Karl-Otto Zentel, Generalsekretär von Care Deutschland. „Obwohl das gesteigerte öffentliche Bewusstsein für die Klimakrise Mut macht, ist es gleichzeitig schockierend, wie wenig über ihre Auswirkungen im globalen Süden berichtet wird.“

Keine Berichte, kein Geld

Für Krisen, über die am wenigsten berichtet werde, gebe es auch oft die geringste Finanzierung. „Das müssen wir ändern“, sagte Peter Felten, Leiter des Referats für Multilaterale Gestaltung der Humanitären Hilfe im Auswärtigen Amt. „Es ist unsere Aufgabe, auch dorthin zu schauen, wo es keine Medienschlagzeilen und keine einfachen Antworten gibt.“

Laut den Vereinten Nationen werden im Jahr 2020 insgesamt rund 26 Milliarden Euro benötigt, um humanitäre Hilfe für knapp 109 Millionen Menschen in Krisenregionen weltweit zu leisten.

Die zehn humanitären Krisen weltweit, über die 2019 international am wenigsten berichtet wurde:

1. Madagaskar: 2,6 Millionen Menschen leiden durch klimatische Veränderungen Hunger.
2. Zentralafrikanische Republik: Wegen eines brutalen Konflikt brauchen etwa 2,6 Millionen Menschen humanitäre Hilfe.
3. Sambia: Wiederholt sind Ernten ausgefallen. Etwa 2,3 Millionen Menschen benötigen Nahrungsmittelhilfe.
4. Burundi: 1,7 Millionen Menschen haben nicht genug Mittel, um ihre Familien zu ernähren.
5. Eritrea: Infolge einer schweren Dürre leidet die Hälfte aller Kinder unter fünf Jahren an Unterernährung.
6. Nordkorea: 10,9 Millionen Menschen in dem isolierten Land benötigen humanitäre Hilfe.
7. Kenia: Nach Überschwemmungen und Dürren hungern mehr als 1,1 Millionen Menschen.
8. Burkina Faso: Bewaffnete Konflikte betreffen 5,2 Millionen Menschen.
9. Äthiopien: Naturkatastrophen, Mangelernährung und Vertreibung bedrohen die Ernährung von 7,9 Millionen Menschen.
10. Tschadsee-Region: Zehn Millionen Menschen leiden unter Konflikten, Vertreibung und Hunger.

2,4 Millionen Meldungen ausgewertet

Auf der Liste der zu wenig beachteten Krisen stehen auch Hunger in Burundi, Eritrea, Nordkorea, Kenia sowie die Gewalt in Burkina Faso. Es folgen Naturkatastrophen, Mangelernährung und Vertreibung in Äthiopien und in der Tschadseeregion. Care hat für die Liste das internationale Medienbeobachtungsunternehmen Meltwater beauftragt.

Dafür wurden den Angaben mehr als 2,4 Millionen Online-Meldungen in englischer, deutscher, französischer, spanischer und arabischer Sprache im Zeitraum vom 1. Januar bis 15. November 2019 ausgewertet. Im Blick waren 40 Krisen und Katastrophen, die mehr als eine Million Menschen betreffen. Davon wurden die zehn Krisen ermittelt, über die am wenigsten berichtet wurde. (epd/mig)