Nicht hart genug

Kritik im ZDF-Fernsehrat an Wahlberichterstattung wegen AfD

Nicht alle Mitglieder des ZDF-Fernsehrats sind zufrieden damit, wie der Sender von den Landtagswahlen aus Ostdeutschland berichtet hat. Die AfD werde nicht hart genug angegangen, lautet ein Vorwurf auf der Fernsehratssitzung in Mainz.

Im ZDF-Fernsehrat gibt es Kritik an der Berichterstattung des Senders zu den jüngsten Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg. Mehrere Mitglieder des Aufsichtsgremiums warfen den Verantwortlichen am Freitag bei der Fernsehratssitzung in Mainz insbesondere eine zu zurückhaltende Berichterstattung über die AfD vor. ZDF-Chefredakteur Peter Frey erklärte, der Sender sei sich bewusst, dass der „extremistische Flügel“ innerhalb der AfD an Einfluss gewinne. In der Öffentlichkeit zeige die Partei zugleich eine „nettere Oberfläche“, was Interviews sehr schwierig mache.

Die Positionen der Partei zu hinterfragen, sei aber eine Aufgabe nicht nur für Medienvertreter. Tatsächlich seien Politiker immer seltener bereit, sich im Fernsehen Diskussionen mit AfD-Vertretern zu stellen, klagte Frey: „Andere Parteien gehen der Auseinandersetzung aus dem Weg.“ ZDF-Intendant Thomas Bellut verteidigte die Wahlberichterstattung aus Ostdeutschland ebenfalls. Wahlsendungen seien „per se nicht besonders geeignet, um Populisten zu stellen“, sagte er: „Wir sind dazu verpflichtet, Politiker der AfD zu interviewen. Aber wir sind nicht verpflichtet, Rassismus oder Antisemitismus unkommentiert über den Bildschirm zu lassen.“

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In der Debatte hatte unter anderem der frühere Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) als Vertreter der Bundesregierung bemängelt, Journalisten würden sich oft nicht gründlich auf Gespräche mit AfD-Vertretern vorbereiten. „Es stehenzulassen, dass es sich um eine bürgerliche Partei handelt, ist einfach unerträglich“, sagte der stellvertretende Fernsehratsvorsitzende Wilhelm Schmidt, Vertreter der Wohlfahrtsverbände.

Kein einziger Treffer zu AfD & Klima

Ein Vertreter der Umweltverbände kritisierte, das ZDF habe bislang kaum thematisiert, dass die AfD als einzige politische Kraft den menschengemachten Klimawandel leugne – obwohl der Klimaschutz derzeit das wichtigste Thema für die Deutschen sei. Wer in der ZDF-Mediathek mit den Suchbegriffen „AfD“ und „Klimaleugner“ nach Berichten suche, finde keinen einzigen Treffer. Der Thüringer Staatskanzleichef Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) forderte vom ZDF, bei der Berichterstattung über Ostdeutschland die Lebensleistung der Ostdeutschen stärker zu würdigen.

Weiteres Thema der Sitzung in Mainz war unter anderem das neue Konzept für die Inhalte der ZDF-Mediathek. Künftig sollen dort vermehrt Videoinhalte abrufbar sein, die zuvor nicht direkter Bestandteil des Fernsehprogramms waren. Exklusive Livestreams für das Internet hatte es bereits 2012 während der Olympischen Spiele von den Wettkämpfen in sogenannten „Randsportarten“ gegeben. Die Produktion von Inhalten vorrangig oder ausschließlich für das Netz entspreche der veränderten Mediennutzung.

Inhalte länger in der Mediathek

Außerdem sollen Inhalte künftig länger in der Mediathek eingestellt bleiben. Nachrichten, Informationen Gesprächs- und Kabarettsendungen sollen bis zu zwei Jahren verfügbar bleiben, Wissenschafts- und bestimmte Kultursendungen, aber auch Angebote aus den Bereichen Theologie und Ethik sogar bis zu fünf Jahre. Filme und Serien bleiben maximal ein Jahr lang in der Mediathek.

Der ZDF-Fernsehrat wies außerdem mehrere offizielle Programmbeschwerden zurück. So beschloss das Gremium einstimmig bei wenigen Enthaltungen, dass es sich bei der auffälligen Darstellung von BMW-Fahrzeugen in der Krimiserie „In Wahrheit“ nicht um Schleichwerbung handele. Die Kameraführung bewege sich „im Rahmen einer dramaturgisch motivierten Bildgestaltung“, heißt es in einer Beschlussvorlage des zuständigen Ausschusses für den Fernsehrat. Für die Dreharbeiten hatte BMW dem ZDF einige Fahrzeuge als Produktionshilfe zur Verfügung gestellt. Andere Autos, darunter der BMW-Dienstwagen der Fernsehkommissarin, waren angemietet worden.

Schleichwerbung

Die Folge „Still ruht der See“ der im Saarland spielenden Krimireihe wurde im April auf Arte erstausgestrahlt. Die „Saarbrücker Zeitung“ hatte dazu kritisch notiert: „Schleichwerbung ist ja dann am besten, wenn sie tatsächlich schleicht – diese hier aber trampelt.“ Der Journalist Boris Rosenkranz, Redakteur des Internetportals „Übermedien“, hatte in einem Videoclip bemängelt, dass unter anderem durch die Kameraführung die Grenze zur Werblichkeit überschritten werde und die Programmbeschwerde an das ZDF verfasst.

Im Gegensatz zu vergangenen Sitzungen des Fernsehrats gab es am Freitag erstmals keine Pressekonferenz zu den Diskussionen und gefassten Beschlüssen mehr. Ein Sprecher des Senders sagte zur Begründung, das Interesse von Medienvertretern sei zuletzt stark zurückgegangen. (epd/mig)