Nach der Wahl

AfD ist keine Volkspartei und AfD-Wähler sind keine Protestwähler

Meinungsforscher Manfred Güllner warnt davor, die Wahlerfolge der AfD überzuinterpretieren. 86 Prozent der Wähler hätten die AfD nicht gewählt. Der Zentralrat der Muslime warnt davor, AfD-Wähler als Protestwähler zu bezeichnen. Menschenrechtsorganisationen fordern ein Zeichen gegen Rechtsextremismus.

Nach den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen hat der Meinungsforscher Manfred Güllner davor gewarnt, die Wahlerfolge der AfD überzuinterpretieren. Die AfD sei keine Volkspartei, vertrete nach wie vor nur eine Minderheit und habe im Vergleich zur Bundestagswahl in absoluten Zahlen weniger Menschen erreicht, sagte Güllner der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“: „Auf die Gesamtheit aller Wahlberechtigten bezogen haben 86 Prozent aller Brandenburger nicht für die AfD votiert, das wird gern übersehen.“

Es gebe dreimal so viele Nicht-Wähler wie AfD-Wähler, betonte der Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts Forsa. „Über die redet keiner.“ Diese Menschen seien „im Prinzip Wähler auf Urlaub“, die darauf warteten, dass „wieder ein vernünftiges Angebot von den Volksparteien“ komme. SPD und CDU hätten sich teilweise von ihren Wählern entfremdet, ihnen fehle das Gespür für das, was die Menschen bewege, betonte Güllner, der selbst der SPD angehört: „Die Parteien sind zu wenig vor Ort präsent und reden zu wenig mit den Wählern.“

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Eine tiefe Kluft

Es gebe eine tiefe Kluft zwischen den Anhängern der AfD und den übrigen Wählern, betonte Güllner. Die Wahlen in Brandenburg und Sachsen hätten gezeigt, dass die AfD-Anhänger nach wie vor eine „weitgehend homogene, von Männern getragene und verschworene Gemeinschaft“ seien, die sich benachteiligt fühlten und allen misstrauten, die anders denken und wählen.

Bei den Motiven der AfD-Wähler gebe es zwar gewissen Schnittmengen zur Linken, hinzu komme jedoch überwiegend noch das völkische Gedankengut, sagte Güllner: „Sie wollen einfach keine Flüchtlinge.“

Mazyek: AfD-Wähler sind keine Protestwähler

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland warnt davor, die AfD-Wähler in Ostdeutschland als Protestwähler zu sehen. „Wir müssen uns nicht weiter etwas vormachen, dass diese Wähler Protestwähler oder einfach nur naiv sind“, sagte der Zentralratsvorsitzende Aiman Mazyek der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Ich glaube, sie wissen, dass sie mit ihrer Stimme Rechtsextremisten zu Sitzen in den Parlamenten verhelfen.“

Positionen der AfD wie etwa die der Landespartei in Sachsen bezeichnete Mazyek als grundgesetzfeindlich: „Nicht die Muslime in Deutschland, sondern die AfD muss sich zur Demokratie bekennen.“ Wenn die Partei Hassfantasien habe und behaupte, der Islam sei eine Ideologie und keine Religion, widerspreche das dem Grundgesetz. „Das ist nicht nur eine religionsfeindliche, sondern eine grundgesetzfeindliche Position“, kritisierte der Zentralratsvorsitzende. Er empfinde das als Aberkennung seiner Selbstbestimmung.

 

Pro Asyl und Flüchtlingsrat fordern „Rückgrat gegen rechts“

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl und der sächsische Flüchtlingsrat fordern derweil ein deutliches Zeichen gegen Rechtsextremismus. „Die CDU in Sachsen muss sich entscheiden, ob sie Schutzsuchende weiterhin ausgrenzen und so rassistischen Handlungen Vorschub leisten will“, erklärte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt am Dienstag.

Schutzsuchende seien in den vergangenen Jahren als Sündenböcke für gesellschaftliche Fehlentwicklungen instrumentalisiert worden, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung von Pro Asyl und Flüchtlingsrat. „Die Rechten werden immer stärker, wenn ihre Positionen übernommen werden“, betonte die Geschäftsleiterin des Flüchtlingsrats, Julia Hartmann. Nötig sei ein Wechsel hin zu einer auf Menschenrechten basierenden Politik, fügte sie hinzu: „Die Politik muss Rückgrat zeigen gegen Rassismus.“

In Sachsen habe das jahrzehntelange Ignorieren rechtsradikaler Strukturen den Nährboden für rassistische Haltungen geschaffen und damit Wahlergebnisse wie das vom Sonntag ermöglicht, erklärten die Organisationen weiter. Man erwarte nun eine andere Asyl- und Flüchtlingspolitik, „die sich von rechten Parolen trennt und rechtsradikale Umtriebe bekämpft“. Dazu zähle unter anderem ein Verbot von Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete wie Afghanistan.

Burkhardt: „Wir halten dagegen“

Burkhardt erklärte: „All denen, die sich in Sachsen für Demokratie und Menschenrechte einsetzen, sagen wir: Ihr seid nicht allein.“ Sozialstaat, Flucht und Migration dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden. „Wir halten dagegen, wenn Grund- und Freiheitsrechte weiter eingeschränkt werden sollen“, sagte er.

Die AfD hat am vergangenen Sonntag bei der Landtagswahl in Brandenburg 23,5 Prozent der Stimmen und 15 Direktmandate bekommen. Mit geringem Abstand auf den ersten Platz kam die SPD mit 26,2 Prozent der Stimmen und 25 Direktmandaten. In Sachsen kam die CDU mit 32,1 Prozent der Stimmen und 41 Direktmandaten auf den ersten Platz, gefolgt von der AfD mit 27,5 Prozent und 15 Direktmandaten. (epd/mig)