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Wettbüro © surfvienna.net auf flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

Kaum kultursensible Beratung

Besorgniserregender Trend: Migration und Sucht

Menschen mit Migrationshintergrund sind mit 20 Prozent ein bedeutender Teil der Bevölkerung in Deutschland und machen mit einem Anteil von 17 Prozent im stationären und ambulanten Bereich einen gewaltigen Teil des Klientel von Einrichtungen zur Suchthilfe aus.

Freitag, 15.02.2019, 4:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 02.11.2022, 10:59 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

Die Anzahl der Migranten, die in den Neunzigern von illegalen Drogen wie Heroin, aber auch legalen Drogen wie Alkohol und Nikotin abhängig waren, wird auf zirka 400.000 Menschen geschätzt. Laut Bundesministerium für Gesundheit liegen bis heute keine empirisch fundierten Informationen zur tatsächlichen Suchtproblematik von Migranten in der Bundesrepublik vor. Ebenso wenig gibt es keinerlei Ansatz zur verlässlichen Zusammentragung der Problematik. Einzig Schätzungen geben einen Hinweis darauf, wie verheerend die Zahlen sein müssen. So arbeitete eine Studie (2002) am Beispiel des Ballungsgebietes Hannover heraus, dass abhängige Menschen nichtdeutscher Herkunft ganze 20 Prozent aller Drogenkonsumenten ausmachen. Weniger als 5 Prozent der Betroffenen finden sich jedoch in den Anlegestellen zur Suchthilfe wieder. Polizeiliche Angaben sind ein klares Indiz: Im Jahr 2007 beispielsweise wurden in Deutschland 205.164 Rauschgiftdelikte notiert, ganze 20 Prozent davon durch nichtdeutsche Tatverdächtige.

Gründe liegen in der Kompensierung von Stress und Perspektivenlosigkeit

Fachliterarisch stehen Suchterkrankungen im Zusammenhang mit dem menschlichen Wunsch, einer als unerträglich erscheinenden Realität in einen Zustand der Betäubung zu flüchten. Ein solcher Wunsch findet sich vermehrt bei Menschen mit Migrationshintergrund wieder, die umstandsbedingt nicht selten durch Schmerzen, Belastungen, Sorgen und besonders psychische Ursachen, wie anhaltenden Niederlagen und kulturellen Konflikten, Einsamkeit und Sinnlosigkeit des eigenen Lebens erfahren. Durch Suchtmittel oder Suchttätigkeiten wird dem aussichtslosen Alltag entflohen und ein Gefühl der Euphorie erzeugt, ohne jedoch die Lebenssituation zu verbessern.

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Gerade die mit Migrationsprozessen einhergehenden Herausforderungen und Adaptionen sorgen dafür, dass soziale, körperliche und psychische Stressphänomene zum Vorschein kommen. Veränderungen, wie Klima, Kultur und Umgebung, aber auch ungewohnte Essgewohnheiten, Kleidungsstil und sonstige gesellschaftliche Veränderungen sorgen für eine tiefgreifende Stresserfahrung bei den Migranten. Hinzu kommen Brüche aus bestehenden sozialen Netzwerken und familiären Beziehungen, die sich enorm auf das individuelle Wohnbefinden und die Sinnhaftigkeit einer Person auswirken können.

Länderspezifische Berufserfahrungen und Abschlüsse werden nicht anerkannt, deutsche Sprachkenntnisse sind nicht vorhanden oder mangelhaft und sorgen dafür, dass theoretisch qualifizierte Migranten gezwungen sind, Berufe auszuüben, die nicht ihrem Qualifikationsniveau entsprechen. Nicht selten verkraften Menschen die Veränderung nicht, gelangen als Resultat in die Arbeitslosigkeit. Insbesondere Männer ertragen das oft damit einhergehende Ausfallen der traditionellen Rolle als Ernährer der Familie nur schwer. Daraus entstehende Gefühle der Hilflosigkeit und der Ohnmacht durch die fehlenden Ressourcen, die Situation zu bewältigen, führen dazu, dass Migranten den Versuch unternehmen, die aussichtslose Situation mit Drogen und süchtig machenden Aktivitäten zu kompensieren.

Harte und legale Drogen stehen im Mittelpunkt der Präventionskontrolle

Der Schwerpunkt in der Suchtprävention bei Migranten liegt hauptsächlich auf illegalen Drogen, wie Heroin. Es wurde erkannt, dass vor allem junge Erwachsene ihre Abhängigkeit oft bereits aus dem Heimatland mit einschleppen. Durch neue Lebensumstände, vorrübergehende Behausungen und naives Vertrauen in die neuen Freunde und Landsleute sind sie Dealern und sonstigen dubiosen Gruppen ausgesetzt, die das Risiko erhöhen, in eine Sucht zu geraten. Untersuchungen bestätigen die traurige Entwicklung, in welcher drogenbedingte Todesfälle in Migrantengruppen weitaus höher ausfallen, als bei den Deutschen.

Aber auch legale Drogen, wie Alkohol werden in Migrantengruppen vermehrt missbraucht, vor allem in den älteren Altersklassen. Besonders der Konsum von Nikotin sorgt bei männlichen Zuwanderern für extreme, gesundheitliche Probleme, welcher von den Betroffenen selbst nicht als Suchterkrankung verstanden wird.

Glücksspielsucht stellt wachendes Problem dar

Bei Pferderennen wetten, am Spielautomaten um Geld zocken oder ein online Casino besuchen – die Angebote sind vielfältig und verlockend wie man auf CasinoPilot24.com sieht. Die Sucht nach dem Glücksspiel tritt in verschiedenen Gestalten auf. Laut der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern sind gerade junge Männer aus Migrantenfamilien davon weitaus mehr betroffen als die aus der deutschsprachigen Bevölkerung. Türkische, männliche Zuwanderer aus erster und zweiter Generation beispielsweise verbringen einen Großteil ihres Alltags in Cafés, wo das Kartenspielen oder Zocken an Slot-Automaten für sie in der geselligen Männerrunde zum Alltag gehört. Daraus resultierend stellen genannte Migrantenprofile in Deutschland das höchste Risiko für Spielsucht in Spielhallen und Online Casinos dar. Hilfsstellen und Einrichtungen zur Prävention in türkischer Sprache sind hingegen selten aufzufinden.

Experten schätzen, dass bei der Gesamtanzahl von zirka 500.000 Spielsüchtigen in der Republik ganze 40 Prozent einen Migrationshintergrund haben. Der Anteil ist besorgniserregend, wenn man bedenkt, dass der Migrantenanteil in der Gesamtbevölkerung sich auf gerade mal 20 Prozent beläuft.

Kaum kultursensible Beratung vorhanden

Neben dem Ausbleiben kulturangemessener Beratung in den sonst zahlreichen Anlaufstellen für Spielsucht stellen auch religiöse und zwischenmenschliche Aspekte ein Problem in der Suchtprävention dar. Die muslimische Jugend hat religionsbedingt zu möglichen persönlichen Problemen einen ganz anderen Bezug und Berührungspunkt als beispielsweise ein Jugendlicher, dem religiöse Blickwinkel fremd sind. Des Weiteren wurde erkannt, dass suchtbetroffene Migranten im Vergleich zu deutschen Süchtigen den angebotenen Therapien und Hilfestellen mit starkem Misstrauen begegnen. Herkunftsländer, in denen psychische Probleme kulturell als Privatsache gesehen werden, können mit der deutschen Präventionskontrolle und Beratung nichts anfangen.

Selbst Menschen, die Hilfsinstitutionen positiv gegenüberstehen, schaffen es nur mit viel Mühe, langfristig von einer Sucht wegzukommen. Kommt die Sucht in Kulturkreisen vor, in denen Themen wie Alkohol, Glücksspiel und Drogen eine Sünde bzw. Tabu-Thema sind oder in denen die soziale Barriere, sich zur eigenen Sucht zu bekennen und Hilfe anzunehmen, zu groß ist, dann sind Betroffene fast nicht in der Lage, aus dem Teufelskreislauf herauszubrechen. (dd) Panorama

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