Das Verwaltungsgericht Gießen hat am Mittwoch erneut über Klagen von Flüchtlingsbürgen entschieden. Die 6. Kammer sei nach demselben Strickmuster verfahren wie bisher, sagte eine Gerichtssprecherin dem „Evangelischen Pressedienst“. Danach wurde den Klagen nur zu einem geringen Teil stattgegeben, soweit nämlich das Jobcenter auch die Kostenübernahme für die Kranken- und Pflegeversicherung verlangt habe. Dieser Anteil lag bei jeweils knapp zehn Prozent der geforderten Kosten. (6 K 353/17.GI. und 5 weitere)
Die Bürgen hatten sich gegenüber Ausländerbehörden verpflichtet, für den Lebensunterhalt syrischer Flüchtlinge in Deutschland aufzukommen. Insgesamt verhandelte die 6. Kammer sechs Klagen. Die Bürgen wandten sich gegen Bescheide des Jobcenters Gießen. In allen Fällen erstreckten sich die Verpflichtungserklärungen trotz kleinerer Unterschiede im Wortlaut nach Auffassung der Kammer allein auf den Aufenthaltszweck.
Wortlaut entscheidend
In einem Fall etwa hatte der Kläger 2015 in Aschaffenburg eine Verpflichtungserklärung für eine Syrerin unterzeichnet. Die Frau beantragte Leistungen, woraufhin der Kläger Kostenbescheide von rund 2.000 Euro vom Jobcenter erhielt. Die Klage sei abzuweisen, sagte der Vorsitzende Richter, weil in der Verpflichtungserklärung eine Formulierung zu finden sei, „die wir schon ausgeurteilt haben“. Der Wortlaut der Einträge in den Verpflichtungserklärungen hänge davon ab, an welchen Sachbearbeiter die Bürgen jeweils in den Ausländerbehörden geraten seien.
Das Gießener Gericht hat erstmals vor rund einem Jahr über Verpflichtungserklärungen von Flüchtlingshelfern geurteilt. Ein Teil der Kläger hat gegen die Urteile Berufung beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) eingelegt. Dort seien seit Februar dieses Jahres fünf Berufungsverfahren und zwölf Berufungszulassungsverfahren anhängig, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte.
Gießen fordert 900.000 Euro
Unterdessen geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD-Fraktion zu Verpflichtungserklärungen hervor, dass das Jobcenter Gießen insgesamt 214 Erstattungsbescheide mit Forderungen von etwa 900.000 Euro ausgestellt hat. Beim Jobcenter Frankfurt waren es dagegen nur fünf Bescheide mit Forderungen in Höhe von rund 81.000 Euro.
Die Erstattungsbescheide im Rahmen von Verpflichtungserklärungen ergeben sich aus Paragraf 68 des Aufenthaltsgesetzes. Danach muss derjenige, der sich verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, sämtliche öffentlichen Mittel erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers aufwendet werden. (epd/mig)