Sachsen

Protest gegen Abschiebung nach Afghanistan

Für den Dienstagabend war ein erneuter Abschiebeflug vom Airport Leipzig/Halle nach Afghanistan geplant. Linken-Politiker und Menschenrechtler protestierten. Den sächsischen Behörden warfen sie übertriebene Härte bei Abschiebungen vor.

Menschenrechtler und Politiker der Linken haben am Dienstag gegen eine offenbar für den Abend geplante Sammelabschiebung vom Flughafen Leipzig/Halle nach Afghanistan protestiert. Pro Asyl und die Linkenfraktion im Bundestag forderten einen sofortigen Abschiebestopp und kritisierten die Bundesregierung. Die Flüchtlingsräte Sachsens und Sachsen-Anhalts forderten eine unabhängige Beobachtungsstelle für Abschiebungen am Flughafen Leipzig/Halle.

Nach Angaben von Pro Asyl und dem bayerischen Flüchtlingsrat sollte am Dienstagabend vom Flughafen Leipzig/Halle aus erneut ein Sammelcharter mit abgelehnten Asylbewerbern nach Afghanistan starten. In Leipzig, München, Nürnberg und Frankfurt am Main waren laut Pro Asyl Protestkundgebungen geplant.

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„In Afghanistan herrscht Krieg“, sagte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, in Berlin. Erst am Montag seien bei Gefechten und Anschlägen in dem Land mindestens 100 Menschen getötet worden. Die geplante Abschiebung dürfe nicht stattfinden, erklärte Jelpke. Sie fordere dazu auf, sich an den Protesten gegen diese „menschenverachtende Schweinerei“ zu beteiligen.

„Bundesregierung redet sich die Lage schön“

Pro Asyl teilte in Frankfurt am Main mit, die Bundesregierung weigere sich konsequent, die Realität in Afghanistan zur Kenntnis zu nehmen. Berichte verdeutlichten die zunehmende Unsicherheit im gesamten Land, aber deutsche Politiker und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sähen „immer noch interne Fluchtalternativen“.

Auch das Leipziger Aktionsbündnis „Protest LEJ“ forderte einen Abschiebestopp. Afghanistan sei genauso wie Syrien nicht sicher, erklärte Yasou Akeda von „Protest LEJ“: „Die Bundesregierung redet sich die Lage schön.“ Es würden Menschen abgeschoben, die in Deutschland in Schule, Ausbildung oder Beruf seien. Für den Nachmittag rief das Bündnis zu einer Demonstration im Leipziger Stadtzentrum und am Flughafen auf. LEJ ist das internationale Kürzel des Flughafens.

Abschiebepraxis immer rigider

Zusammen mit den Flüchtlingsräten Sachsens und Sachsen-Anhalts forderte „Protest LEJ“ zudem unabhängige Abschiebe-Beobachter an dem Leipziger Airport. Dies sei nötig, da die Abschiebepraxis der sächsischen Landesregierung in den vergangenen Monaten immer rigider geworden sei, sagte Mark Gärtner vom sächsischen Flüchtlingsrat. Zuletzt seien auch Kranke und Menschen mit Behinderung abgeschoben worden.

Georg Schütze vom Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt sagte, für transparente und faire Verfahren müssten sich Landesbehörden und Bundespolizei besser vernetzen. Auch müsse sichergestellt werden, dass Informationen über etwaige Erkrankungen von Betroffenen weitergegeben und Kranke medizinisch begleitet werden. An Flughäfen in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main oder Hamburg sind demnach bereits unabhängige Abschiebe-Beobachter aktiv.

Ministerium lehnt Beobachtungsstelle ab

Das sächsische Innenministerium in Dresden wies die Forderung zurück. „Sachsen sieht keine Notwendigkeit für eine separate Beobachtungsstelle am Flughafen“, sagte ein Sprecher dem „Evangelischen Pressedienst“. Betroffene erhielten auf Wunsch seelsorgerische Betreuung. Auch professionelle Kräfte der Bundespolizei und medizinisches Fachpersonal seien vor Ort, erklärte der Sprecher.

Die sächsische Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Linke) sagte, Sachsen gehe bei Abschiebungen besonders rigoros vor. Die Forderung nach einer unabhängigen Abschiebebeobachtung sei richtig „und gleichzeitig eine Minimalforderung“. Es gehe um die Einhaltung menschenrechtlicher Grundstandards, betonte Nagel. (epd/mig)