Gerichtshof für Menschenrechte

Abschiebung von Gefährdern bei formal drohender Todesstrafe erlaubt

„Islamistische“ Gefährder können abgeschoben werden, wenn die Todesstrafe im Heimatland in eine lebenslange Freiheitsstrafe umgewandelt wird. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem Fall eines Tunesiers entschieden.

Sogenannte „islamistische“ Gefährder können in ihr Heimatland auch bei einer dort formal drohenden Todesstrafe abgeschoben werden. Die Abschiebung verstößt nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, wenn klar ist, dass die Todesstrafe nicht vollstreckt, sondern in eine lebenslange Freiheitsstrafe umgewandelt wird, urteilte am Donnerstag der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Die Straßburger Richter billigten damit die von deutschen Behörden angestrebte Abschiebung des Tunesiers Haikel S. (AZ: 17675/18)

Der Mann war 2015 unter falschem Namen als vermeintlicher Syrer nach Deutschland eingereist. Die deutschen Behörden gingen davon aus, dass er ein Gefährder sei. Sie ermittelten gegen ihn wegen des Verdachts der Unterstützung der Terrororganisation ISIS.

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Tunesien hatte 2016 von Deutschland die Auslieferung von Haikel S. beantragt. Er sei im März 2015 an einem Anschlag auf das Bardo-Museum in Tunis beteiligt gewesen, bei dem 24 Menschen getötet wurden, lautete der Vorwurf.

EGMR ist deutschen Gerichten gefolgt

Haikel S. wehrte sich gerichtlich gegen seine Abschiebung nach Tunesien. Ihm drohe dort die Todesstrafe, erklärte er. Eine Abschiebung würde damit gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen.

Die deutschen Gerichte und zuletzt am 4. Mai 2018 das Bundesverfassungsgericht billigten die Abschiebung (AZ: 2 BvR 632/18). Zwar drohe formal die Todesstrafe, hieß es. Diese werde in Tunesien aber nicht vollstreckt, sondern in eine lebenslange Freiheitsstrafe umgewandelt. Es bestehe zudem die Möglichkeit, nach 15 Jahren auf Bewährung entlassen zu werden. Der EGMR folgte nun den deutschen Gerichten. (epd/mig)