Politische Weisung?

Schnelle Verfahren zulasten der Qualität

Die Bamf-Affäre bleibt Thema im Bundestagsinnenausschuss. Aktuelle und frühere Behördenleitung sollten Auskunft geben, ob schnelle Verfahren zulasten der Qualität auf politische Weisungen zurückgingen. Immer konkreter wird über Konsequenzen geredet. SPD-Politiker Lischka fordert unabhängigen Bundesbeauftragten.

Als Konsequenz aus der Affäre um das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wird weiter darüber diskutiert, wie Asylverfahren rechtssicherer gemacht werden können. Am Freitag hörte der Innenausschuss des Bundestags Behördenleiterin Jutta Cordt sowie ihre Vorgänger Frank-Jürgen Weise und Manfred Schmidt an. Der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka forderte einen unabhängigen Bundesbeauftragten als künftige Kontrollinstanz. Sein CDU-Kollege Armin Schuster nahm Spitze und Mitarbeiter des Bundesamtes in Schutz und verwies bei der Frage der Verantwortung auf die Politik. Zugleich verneinte er, dass es eine politische Weisung für das Prinzip Schnelligkeit vor Qualität in Asylverfahren gegeben habe.

Er empfinde politische Mitverantwortung für den Kurs, der 2015 in der Flüchtlingspolitik gewählt worden sei, sagte Schuster in Berlin. Es habe nur zwei Möglichkeiten gegeben: die Abweisung von Flüchtlingen an der Grenze oder eine Entlastung des Bundesamts. Die große Koalition habe sich damals für den zweiten Weg entschieden.

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Streit um Weisung

Um das Bundesamt für die Herausforderung zu rüsten, bestellte die Bundesregierung 2015 den früheren Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, zum Leiter des Bundesamts. In der Affäre um die Bremer Außenstelle des Bundesamts, wo positive Asylbescheide ohne ausreichende rechtliche Grundlage ausgestellt worden sein sollen, ging es in den vergangenen Tagen vor allem auch um die Frage, ob es eine Weisung aus der Bundesregierung gegeben hat, die Verfahren möglichst schnell abzuschließen.

Schuster zufolge hat Weise in der Sitzung des Innenausschusses erklärt, dass es solch eine Weisung nicht gab. Weise selbst betonte nach seiner Befragung vor Journalisten, Qualität und Schnelligkeit widersprächen sich nicht. Es sei „Unsinn“, zwischen beiden zu unterscheiden. Die FDP-Politikerin Linda Teuteberg sah die Frage einer möglichen Weisung noch nicht endgültig beantwortet. Für eine abschließende Bewertung sei es zu früh, sagte sie.

SPD fordert Bundesbeauftragten für Asyl

Als Konsequenz aus den Vorfällen in Bremen, über die offenbar nicht nur das Bundesinnenministerium, sondern auch die Amtsleitung in Nürnberg erst spät erfuhr, forderte der SPD-Abgeordnete Lischka einen unabhängigen Bundesbeauftragten für Asyl. Er solle Ansprechpartner für alle möglichen mit dem Thema befassten Personen sein, Mitarbeiter der Behörde, Bürgermeister oder Rechtsanwälte, sagte der innenpolitische Sprecher der Fraktion.

Sein CDU-Kollege Schuster sagte, ihm erschließe sich diese Forderung aus den bekannt gewordenen Problemen nicht. Zudem gebe es eine Staatsministerin für das Thema im Kanzleramt. Dort ist Annette Widmann-Mauz (CDU) Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration.

Gravierende Qualitätsmängel

Bereits am Vormittag hatte im Ausschuss der Vorsitzende des Bamf-Gesamtpersonalrats, Rudolf Scheinost, über gravierende Qualitätsmängel bei der Bearbeitung von Asylanträgen in der Behörde berichtet. Mitglieder aller Fraktionen sagten in Berlin, ihnen sei deutlich gemacht worden, dass bei den Verfahren Quantität vor Qualität gegangen sei. Schuster zufolge hat Scheinost wörtlich gesagt: „Die Anerkennung geht schneller als die Ablehnung.“ Das sei „ein klarer Hinweis an die Mitarbeiterschaft“ gewesen. Die Sondersitzungen des Innenausschusses waren nicht öffentlich.

Die Affäre um die Bremer Außenstelle des Bundesamts hat eine politische Diskussion über die mutmaßlichen Rechtsverstöße in Bremen hinaus ausgelöst. AfD und FDP dringen auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Die Koalitions- und anderen Oppositionsfraktionen lehnen das bislang ab und wollen weiter im Innenausschuss aufklären. In der nächsten Woche sollen der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (beide CDU) in seiner früheren Funktion als Flüchtlingskoordinator Fragen der Abgeordneten beantworten. (epd/mig)