Arbeitsmarkt-Studie

Muslimische Bewerber werden öfter diskriminiert

Bewerber mit Migrationshintergrund werden auf dem deutschen Arbeitsmarkt diskriminiert. Einer aktuellen Studie zufolge sind jedoch nicht alle Herkunftsgruppen betroffen, sondern insbesondere Bewerber mit dunkler Hautfarbe und aus muslimischen Ländern.

Auf dem deutschen Arbeitsmarkt werden Bewerber mit Migrationshintergrund teilweise diskriminiert. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, die am Dienstag präsentiert wurde. Der Migrationsforscher Ruud Koopmans verwies darauf, dass es dabei starke Unterschiede je nach Herkunftsland gebe.

Geringere Chancen haben demnach vor allem Menschen mit Wurzeln in Afrika oder in muslimischen Ländern. Bewerber, deren Eltern aus europäischen oder ostasiatischen Ländern stammen, hätten dagegen kaum Nachteile.

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Info: Die Studie „Andere Werte, weniger Chancen. Kulturelle Distanz erklärt Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt“ ist erschienen in den WZB-Mitteilungen, Heft 160, Juni 2018. Es kann hier kostenfrei heruntergaladen werden. Eine Grafik mit dem Anteil positiver Rückmeldungen sortiert nach Herkunftsland kann hier heruntergeladen werden.

Der Hauptgrund für ethnische Diskriminierung auf dem deutschen Arbeitsmarkt sei eine vermeintliche kulturelle Wertedistanz zwischen Bewerber und Arbeitgeber, die zur Ablehnung führe, betonte Koopmans. Kulturelle Distanz wird den Forschern zufolge unter anderem über die Einstellungen zur freiheitlichen Demokratie, zur Rolle der Frau und gegenüber gesellschaftlichen Minderheiten gemessen.

Experte warnt vor pauschalen Fördermaßnahmen

Angesichts der Tatsache, dass die ethnische Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt je nach Herkunftsland stark variiere, warnte Koopmans vor pauschalen Fördermaßnahmen der Politik, die sich etwa an alle Menschen mit Migrationshintergrund richte. So würden von allgemeinen Maßnahmen auch Menschen profitieren, die gar nicht von Diskriminierung betroffen sind, sagte der Direktor der Abteilung Migration, Integration, Transnationalisierung des Instituts.

Das Forscherteam, zu dem auch die Migrationsforscherinnen Susanne Veit und Ruta Yemane zählen, hatte für die Studie des Wissenschaftszentrums zwischen Oktober 2014 und April 2016 rund 6.000 fiktive Bewerbungen für acht Ausbildungsberufe bundesweit auf reale Stellenausschreibungen verschickt. Die fiktiven Bewerber hatten die deutsche Staatsangehörigkeit, ihre Eltern stammten entweder aus Deutschland oder einem von 34 anderen Ländern, ihr phänotypisches Erscheinungsbild war dunkelhäutig, weiß oder asiatisch. Ebenso wurden die Religionszughörigkeit – zwischen keine Religion, christlich, muslimisch oder buddhistisch/hinduistisch – sowie das Geschlecht und der Notendurchschnitt variiert.

Benachteiligung trotz gleicher Qualifikation

Trotz gleicher Qualifikation erhielten demnach 60 Prozent aller Bewerber ohne Migrationshintergrund eine positive Rückmeldung, bei Bewerbern mit Migrationshintergrund sei dies nur bei 51 Prozent der Fall gewesen, so die Forscher.

Arbeitgeber stützten ihre Auswahlentscheidung weniger auf Leistungs- und Produktivitätsunterschiede zwischen Gruppen, sondern eher auf Kultur und Werte, die sie mit der Gruppenzugehörigkeit verbinden, betonten die Wissenschaftler. Bewerber mit Migrationshintergrund würden nur dann benachteiligt, wenn die Werte der Menschen im Herkunftsland stark von denen der Deutschen abweichen.

Muslime am meisten diskriminiert

Auch die Diskriminierung von Bewerbern mit einem dunkelhäutigen Phänotyp und von Muslimen lasse sich besser über Werteunterschiede als über Leistungsdifferenzen erklären, hieß es. Muslimische und dunkelhäutige Bewerber erhielten bei der Studie sieben Prozent weniger positive Rückmeldungen auf ihre Bewerbungen im Vergleich zu weißen oder christlichen Bewerbern.

Dagegen gäbe es keine Hinweise auf Diskriminierung von Menschen mit einem asiatischen Aussehen oder einer hinduistischen oder buddhistischen Religionszugehörigkeit. Angesichts des Fachkräftemangels in zahlreichen Branchen empfiehlt die Studie, „das Potenzial an qualifizierten Bewerbern in Deutschland voll auszuschöpfen und eine faire Chance auf einen Arbeitsplatz zu geben – unabhängig davon, welchen Namen sie tragen oder ob ihre Eltern einst aus einem anderen Land zugewandert sind“. (epd/mig)