Bremer Asyl-Affäre

BAMF überprüft zehn Außenstellen und 18.000 Bescheide

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge kommt aus den Schlagzeilen nicht heraus. Wegen der Missstände in der Asylbehörde droht sich der Streit über die Flüchtlingspolitik erneut zu verschärfen.

In der Affäre um mutmaßliche Fehlentscheidungen in Bremen überprüft das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zehn weitere Außenstellen. Das Bundesinnenministerium teilte am Sonntag in Berlin mit, es würden dort repräsentative Stichproben untersucht, wo die Asylentscheide positiv oder negativ um zehn Prozentpunkte von der als Referenz definierten Schutzquote abweichen. Die Überprüfung betreffe etwa 8.500 Fälle, sagte eine Sprecherin. Unterdessen hält die Debatte über einen Untersuchungsausschuss im Bundestag an.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) tauschte einem Bericht der „Bild am Sonntag“ zufolge den für Migration und das Bundesamt zuständigen Abteilungsleiter inzwischen aus. Die Staatsanwaltschaft Bremen ermittelt seit Mitte April gegen die frühere Leiterin der Bremer Außenstelle und Anwälte wegen des Vorwurfs des Asylmissbrauchs und Bestechlichkeit. In mehr als 1.100 Fällen sollen Asylanträge ohne rechtliche Grundlage positiv beschieden worden sein. Das Bundesamt hatte bereits am Freitag angekündigt, 18.000 positive Bescheide der Bremer Außenstelle erneut überprüfen zu wollen.

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Übersetzungen sollen besser werden

Als Reaktion auf die Missstände will das Bundesamt auch die Qualität der Übersetzungen in Asylverfahren erhöhen und schult dazu bereits eingesetzte Dolmetscher nach. Derzeit arbeiten laut Funke Mediengruppe rund 5.800 Dolmetscher im Auftrag des Bundesamtes, von denen aber lediglich 620 vereidigt seien und ihr Fachwissen zertifiziert hätten. Die meisten seien Laien ohne Ausbildung in diesem Bereich. Mehrere Übersetzer berichteten den Blättern von mangelnder Einarbeitung, schlechter Bezahlung und Stresssituationen. Zu den in Bremen Beschuldigten gehört auch ein Dolmetscher.

In der Opposition wird derweil über die mögliche Einberufung eines Untersuchungsausschusses des Bundestags zur Flüchtlingspolitik debattiert. Die FDP will Anfang Juni einen entsprechenden Antrag vorstellen, wie ein Sprecher dem „Evangelischen Pressedienst“ am Montag mitteilte. Die Linken und die Grünen äußerten sich zurückhaltend. Luise Amtsberg, flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen, sagte der „Bild am Sonntag“, der Ausschuss müsse „in erster Linie die Missstände im BAMF untersuchen, nicht die angebliche Grenzöffnung 2015“. Die SPD erklärte, Seehofer müsse in dem Bundesamt durchgreifen und dafür sorgen, dass die Kontrollmechanismen funktionieren. „Dafür ist ein Untersuchungsausschuss der falsche Weg“, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Burkhard Lischka, der „Welt“.

Vertrauen beschädigt

Das Vertrauen der Deutschen in die Arbeit des Bundesamts ist einer Umfrage zufolge infolge der Affäre erheblich beschädigt. 79,7 Prozent gaben an, „eher geringes“ oder „sehr geringes“ Vertrauen in die Vergabepraxis von Asylbescheiden zu haben, wie aus einer repräsentativen Umfrage des Instituts Civey im Auftrag der Tageszeitung „Welt“ hervorgeht. Bei 8,9 Prozent ist das Vertrauen „sehr groß“ oder „eher groß“, 11,4 Prozent sind in dieser Frage unentschieden.

Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) sieht durch die mutmaßlichen Manipulationen beim BAMF das Vertrauen in den Staat gefährdet. „Gerade bei der wichtigsten Bundesbehörde in den Fragen um Flüchtlinge und Asyl müssen die Verantwortlichen dafür sorgen, dass die Bürgerinnen und Bürger dem Staat weiterhin vertrauen können“, sagte er der „Rheinischen Post“. Ein ordentliches Asylverfahren sei ein wichtiger Faktor der inneren Sicherheit. (epd/mig)