Studie

Sichtbarer Migrationshintergrund führt zu Diskriminierung

Je nichtdeutscher Menschen in Deutschland aussehen, desto häufiger werden sie benachteiligt. Das gilt insbesondere für Türken und Muslime, wie aus einer Studie hervorgeht. Die Wissenschaftler warnen vor negativen Folgen. Özoğuz ruft zu mehr Engagement gegen Ungleichbehandlung auf.

Wer eine dunkle Hautfarbe hat, ein Kopftuch trägt, als nichtdeutsch geltende Gesichtszüge hat oder mit deutlichem Akzept spricht, erlebt in Deutschland häufiger Diskriminierung. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Dienstag in Berlin veröffentlichte Studie des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR). Mit Blick auf rund 18,6 Millionen Menschen in Deutschland mit familiärer Einwanderungsgeschichte rief die Bundesintegrationsbeauftragte Aydan Özoğuz (SPD) dazu auf, „jede Form der Diskriminierung“ entschlossen zu bekämpfen.

„Diskriminierung ist Gift für den Zusammenhalt unseres Landes“, sagte Özoğuz. Die neue Untersuchung zeige, dass Herkunft zur Barriere für Teilhabe werden könne, „da äußerliche Merkmale offensichtlich stärkere Diskriminierung begünstigen“. Die Integrationsbeauftragte betonte, dass vor allem Schulen, Ausbilder und Arbeitsverwaltungen stärker für das Problem sensibilisiert werden müssten.

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Bei der Untersuchung mit dem Titel „Wo kommen Sie eigentlich ursprünglich her? Diskriminierungserfahrungen und phänotypische Differenz in Deutschland“ handelt es sich den Angaben zufolge bundesweit um die erste Studie dieser Art. Untersucht wurde demnach die von Eingewanderten und Menschen mit Migrationshintergrund wahrgenommene Benachteiligung. Als Datengrundlage diente das SVR-Integrationsbarometer 2016, für das insgesamt 5.396 Personen zu verschiedenen integrationsrelevanten Themen befragt wurden. Für die neue Studie wurden die Antworten der Teilnehmer mit Migrationshintergrund ausgewertet.

Sichtbarer Migrationshintergrund häufiger betroffen

Die Studienautoren verwiesen darauf, dass die Betroffenenperspektive zwar nur eingeschränkt als Indikator für das allgemeine Diskriminierungsniveau innerhalb einer Gesellschaft geeignet sei. Dennoch könnten Umfang und Verbreitung von subjektiver Diskriminierung gesellschaftliche Konfliktlinien offenlegen.

Laut SVR fühlen sich rund 17 Prozent der Eingewanderten, die nach eigenen Angaben „typisch deutsch“ aussehen. benachteiligt. Dagegen hätten Menschen mit sichtbarem Migrationshintergrund zu rund 48 Prozent von Diskriminierung berichtetet. Dieser Wert sei sogar auf 59 Prozent bei jenen gestiegen, die zusätzlich mit Akzent sprechen.

Türken am häufigsten benachteiligt

Mit Abstand am häufigsten würden Menschen mit türkischen Wurzeln Benachteiligung wahrnehmen, hieß es weiter. Von den Befragten, die entweder selbst oder deren Eltern aus der Türkei nach Deutschland eingewandert sind, hätten rund 54 Prozent von Benachteiligungserfahrungen berichtet. Weiter fühlten sich 8 Prozent sogar sehr stark und rund 15 Prozent stark benachteiligt.

In den übrigen Herkunftsgruppen sei der Anteil derer, die von erlebter Diskriminierung berichten, deutlich niedriger: Rund 40 Prozent seien nach eigener Wahrnehmung in den vorangegangenen Jahren aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert worden.

Muslime häufiger diskriminiert

Einen großen Effekt habe auch die Religionszugehörigkeit von Menschen mit Migrationshintergrund gehabt, betonten die Studienautoren weiter. So fühlten sich Eingewanderte muslimischen Glaubens deutlich häufiger diskriminiert (55 Prozent) als Eingewanderte mit christlicher (29 Prozent) oder ohne Glaubenszugehörigkeit (32 Prozent).

Wenn Menschen, die äußerlich von der Mehrheitsgesellschaft abweichen, stets mit einer Migrationserfahrung assoziiert würden, werde damit auch ihre Eingehörigkeit in Deutschland infrage gestellt, heißt es in der Studie weiter. Das könne die Identifikation mit der Gesellschaft behindern. Die Studienautoren betonten, dass der Abbau dieser Mechanismen eine entscheidende Herausforderung für die Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts sei. (epd/mig)