Nebenan

Warum die katalanische Unabhängigkeit gescheitert ist

Der praktisch folgenlose Unabhängigkeitsbeschluss der Katalanen hat für die Sezessionsbestrebungen in Europa weitreichende Folgen. Der Tag, an dem Bayern die Bundesrepublik verlässt, ist jedenfalls in weite Ferne gerückt. Von Sven Bensmann

Die Katalanen, das hat inzwischen jeder mitbekommen, haben ihre Unabhängigkeit beschlossen und ausgerufen. Was genau bedeutet das? Wie sich zeigt: praktisch gar nichts, jedenfalls nichts für die Unabhängigkeit der Katalanen.

Dabei hätte man meinen können, mit der Proklamation sei Katalonien ein souveräner Staat geworden – hunderttausende Katalanen hatten das jedenfalls gehofft. Als jedoch kurz darauf die spanische Regierung Neuwahlen im inzwischen doch eigentlich unabhängigen Katalonien anordnete, standen diese nur minutenlang zur Debatte, kurz darauf waren die souveränen Katalanen bereits im Wahlkampfmodus: Man stelle sich vor, Polen würde Neuwahlen in Deutschland anordnen und Merkels erstes offizielles Statement dazu sei, dass sie auch weiterhin nicht für TV-Duelle zur Verfügung stehe.

___STEADY_PAYWALL___

In der Kumpanei der rebellierenden politischen Elite Kataloniens mit der spanischen Zentralregierung findet die katalonische Unabhängigkeit jedoch ihr schnelles Ende. Sie ist nicht mehr zu kommunizieren, wenn man sich vom spanischen Staat, von dem man sich gerade erst losgesagt hatte, diktieren lässt, wann man zu wählen hat.

Carlos Puidgemont hat sich derweil in Brüssel verasyliert, ist, da vor allem wirtschaftliche Gründe zu Kataloniens Unabhängigkeitsreferendum führten, genau genommen also Europas bekanntester Wirtschaftsflüchtling. Gesucht mit europäischem Haftbefehl und nun der belgischen Justiz ausgeliefert, der er sich gestellt hat, wird sich am Fall Puidgemont zeigen, inwieweit Bekanntheit vor dem Schicksal schützt, dass andere Flüchtlinge tagtäglich erleben müssen. Immerhin wird er aber weder in Libyen zur Prostitution gezwungen, noch auf einer griechischen Insel in seinem eigenen Dreck leben oder auf dem Mittelmeer erst vergewaltigt werden und dann ertrinken müssen.

Was bedeutet das nun für die Sezessionsbestrebungen in Europa? Nachdem Schottland gezeigt hat, wie es gehen kann, taugt Katalonien nun als Negativbeispiel. Damit haben die Sezessionisten in Europa zunächst einmal einen größeren Rückschlag erlitten. Die Erfahrungen machen potenzielle Unabhängigkeitesreferenden zudem kalkulierbarer, da sich zeigt, dass ein einseitiges Referendum offensichtlich nicht verfängt.

Nachdem die Phalanx der Europäer auch an der Brexit-Front steht und Großbritannien vor allem durch eigene Unfähigkeit auffällt, werden Politiker auch vor diesem Schritt zukünftig eher zurückschrecken. Der wirtschaftliche Schock, der auf den unverhandelten, unkoordinierten Brexit folgt, wird vielleicht nicht unbedingt den harten Kern der Rechtswählerschaft erreichen, aber die erreicht ja ohnehin niemand.

Dennoch: Der Tag, an dem Bayern die Bundesrepublik verlässt, ist damit in weite Ferne gerückt. Zeit also, ein Referendum für den Wiederanschluss Schleswig-Holsteins an das Königreich Dänemark weiterzuverfolgen.