Deutschland nicht dabei

UN-Verhandlungen zu Firmenhaftung bei Menschenrechtsverletzungen

Deutschland hat seine direkte Teilnahme an UN-Verhandlungen über einen neuen Wirtschaftsvertrag zur Haftung von Unernehmen abgesagt. Aktivisten fordern konstruktive Haltung von der Bundesregierung. Sie müsse zeigen, dass sie Menschenrechte auch in armen Ländern ernst nimmt.

Deutschland beteiligt sich nicht direkt an den UN-Gesprächen zur internationalen Firmenhaftung bei Menschenrechtsverletzungen. Die Bundesregierung sei mit dem Verlauf der Verhandlungen nicht einverstanden, hieß es am Montag aus diplomatischen Kreisen in Genf. Es sei bedauerlich, dass ein mögliches Abkommen nur für international operierende Unternehmen gültig sein solle. Die Übereinkunft müsse auch für andere Firmen, etwa Staatsunternehmen, gelten, hieß es weiter. Deutschland wolle über die EU-Delegation eine Verbindung zu den Gesprächen im UN-Menschenrechtsrat aufrechterhalten.

Die Umweltschutzorganisation BUND kritisierte die Abstinenz Deutschlands. „Wir appellieren dringend an die Bundesregierung, ihre nicht konstruktive Haltung aufzugeben“, sagte der stellvertretende BUND-Vorsitzende Ernst-Christoph Stolper dem Evangelischen Pressedienst (epd). Deutschland müsse sich bei den Gesprächen zum weltweiten Schutz von Bürgern und Belegschaften einbringen.

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Bundesregierung in der Pflicht

Die Staatenvertreter verhandeln bis Freitag erneut über ein internationales Abkommen zur Haftung von Unternehmen bei Menschenrechtsverletzungen, die 2014 ihren Anfang nahmen. Die Bundesregierung müsse zeigen, dass sie soziale und umweltbezogene Menschenrechte auch in armen Ländern ernst nimmt, forderte Stolper. Bislang hätten internationale Wirtschaftsverträge einseitig die Rechte global operierender Unternehmen ausgeweitet, sagte Stolper vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Der frühere Grünen-Politiker Stolper verlangt einen umfassenden Vertrag mit folgenden Elementen: Haftung der Konzerne für ihre komplette Zulieferkette, Rechtsschutz für Geschädigte auch in den Heimatländern der Unternehmen, der Vorrang der UN-Menschenrechtsverträge über Handels- und Investitionsschutzabkommen sowie die Schaffung von Mechanismen zur Einhaltung des Abkommens.

Vorwurf: Ausbeutung von Arbeitern

Menschen in Entwicklungsländern etwa, die durch europäische Konzerne geschädigt werden, müssten die Möglichkeit haben, in den Heimatländern der Firmen auf Schadensersatz zu klagen. Bislang ist dieser Rechtsweg in den meisten Fällen versperrt. In der Vergangenheit richteten global operierende Unternehmen in armen Ländern immer wieder schwere Umweltschäden an oder verletzten die Menschenrechte, ohne dass sie dafür belangt wurden. So wurde Textilfirmen wie etwa KiK vorgeworfen, Arbeiterinnen in asiatischen Ländern regelrecht auszubeuten.

Noch ist laut Stolper unklar, wann das Abkommen verabschiedet wird. Zunächst muss sich der Menschenrechtsrat mit 47 Ländern darauf einigen. Danach muss die UN-Vollversammlung zustimmen. Später ist eine Ratifizierung durch eine Mindestzahl von Staaten erforderlich, damit der Pakt in Kraft tritt. „Ich hoffe, dass wir im Laufe des nächsten Jahrzehnts ein Abkommen haben werden“, sagte Stolper. (epd/mig)