"Staatsterrorismus"

Erneut Tote bei Bootsunglück mit Rohingya-Flüchtlingen

Seitdem Myanmars Armee brutal gegen die Rohingya vorgeht, sind mehr als eine halbe Million Angehörige der muslimischen Volksgruppe nach Bangladesch geflohen. Die Fluchtwelle hält an, und zugleich könnte der Konflikt mit Rebellen eskalieren.

Beim Untergang eines überfüllten Bootes mit Rohingya-Flüchtlingen sind an der Grenze zwischen Myanmar und Bangladesch mindestens zwölf Menschen ums Leben gekommen. Wie örtliche Medien am Montag unter Berufung auf Behörden in Bangladesch berichteten, waren unter den Opfern zehn Kinder. Manche davon seien erst zwei und drei Jahre alt gewesen, teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) in Genf mit. Ein Teil der Insassen wurde gerettet, viele andere werden noch vermisst.

Das Boot war in der Nacht zuvor während eines Sturms gekentert. Bei mindestens zwei weiteren Bootsunglücken im vergangenen Monat waren bereits Dutzende Flüchtlinge ertrunken. Seit Ende August sind mehr als 520.000 muslimische Rohingya vor Übergriffen der Bevölkerung und der Gewalt des Militärs aus dem mehrheitlich buddhistischen Myanmar geflohen. Die Vereinten Nationen werfen Myanmar Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor.

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Friedensnobelpreisträger wirft Myanmar Staatsterrorismus vor

Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus aus Bangladesch wirft der Regierung von Myanmar „Staatsterrorismus“ beim Umgang mit der Rohingya-Minderheit vor. „Niemand sagt etwas dagegen, wenn ein Staat Terroristen verfolgt. Aber wenn Abertausende verstörte Menschen in Panik aus dem Land gejagt werden, dann ist das Staatsterrorismus“, sagte Yunus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Montag).

Yunus kritisierte auch Myanmars de-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi, die ebenfalls Friedensnobelpreisträgerin ist. In der Vergangenheit habe sie sich wegen der Armee nicht in der Lage gesehen, sich zu den Rohingya zu äußern. Inzwischen aber habe sie die Argumentation des Militärs übernommen. Die Armeeführung nahm erste Angriffe einer kleinen militanten Gruppe zum Anlass, brutal gegen Rohingya vorzugehen. Hunderte Menschen wurden getötet und zahlreiche Dörfer niedergebrannt.

Weitere 100.000 an der Grenze

Experten der Vereinten Nationen schätzen, dass weitere 100.000 Angehörige der muslimischen Volksgruppe darauf warten, die Grenze überqueren zu können. Zudem sind zahlreiche Rohingya innerhalb Myanmars auf der Flucht. Yunus warnte davor, dass viele Rohingya sich radikalen und militanten Gruppierungen anschließen könnten, wenn der Konflikt nicht schnell gelöst werde. Myanmar müsse den Royingya die Staatsbürgerschaft zuerkennen, die ihnen bislang verweigert wird, forderte Yunus, der die Grameen-Bank und andere Mikrokredit-Projekte gründete.

In der Nacht zum Dienstag sollte die einseitig ausgerufene einmonatige Feuerpause der Miliz „Arakan Rohingya Salvation Army“ (Arsa) enden. Das hatte die Rebellengruppe am Samstag per Twitter mitgeteilt. Sie erklärte dabei ihre grundsätzliche Bereitschaft zu einer friedlichen Lösung des Konfliktes mit der Regierung. Gleichzeitig betonten die Aufständischen, sie seien „entschlossen, die Tyrannei und die Unterdrückung gegen das Volk der Rohingya zu stoppen“. Der Konflikt im Westen Myanmars war wieder aufgeflammt, nachdem sich die Arsa am 25. August zu Angriffen auf Dutzende Polizei- und Armeeposten bekannt hatte.