76,2 Prozent der fast 61,7 Millionen Wahlberechtigten sind am Sonntag zur Wahl gegangen. Damit lag die Wahlbeteiligung 4,6 Prozentpunkte höher als bei der Bundestagswahl 2013, wie der Bundeswahlleiter am Montag bei der Verkündung des vorläufigen amtlichen Endergebnisses mitteilte. Deutlich zeigt sich: In Bundesländern mit überdurchschnittlichem Anstieg der Wahlbeteiligung schnitt die AfD besonders gut ab. Einzige Ausnahmen: Bayern und Hamburg.
Vor allem in den ostdeutschen Bundesländern stieg die Wahlbeteiligung deutlich an, auch wenn sie dort insgesamt weiter unter dem Bundesdurchschnitt liegt. In Thüringen und Sachsen-Anhalt kletterte sie um jeweils 6,1 Prozentpunkte auf 74,3 (Thüringen) und 68,1 Prozent (Sachsen-Anhalt). Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kam die AfD in Thüringen auf 22,7 Prozent und in Sachsen-Anhalt auf 19,6 Prozent.
AfD in Sachsen top, in Hamburg flop
In Sachsen gingen 5,9 Prozentpunkte mehr Leute zur Wahl (75,4 Prozent gesamt), die AfD erreichte dort ihr bundesweit stärkstes Ergebnis von 27 Prozent. Mecklenburg-Vorpommern verzeichnete einen Anstieg von 5,6 Prozentpunkten (70,9 Prozent gesamt), die AfD erhielt 18,6 Prozent. In Brandenburg stieg die Wahlbeteiligung um 5,3 Prozentpunkte (73,7 Prozent gesamt), die AfD kam auf 20,2 Prozent.
Ausnahmen bilden Hamburg und Bayern. Auch dort stieg die Wahlbeteiligung überdurchschnittlich, in Hamburg um 5,6 Prozentpunkte auf 75,9 Prozent, in Bayern um 8,1 Punkte auf 78,2 Prozent. In Hamburg allerdings kam die AfD mit 7,8 Prozent auf ihr schlechtestes Ergebnis, in Bayern erhielt sie 12,4 Prozent. Die höchste Wahlbeteiligung verzeichnete Baden-Württemberg mit 78,3 Prozent und einem Plus von 4,0 Prozentpunkten, die AfD kam dort auf 12,2 Prozent.
AfD bei Wählern mittleren Alters stark
Die meisten Stimmen erhielt die AfD laut infratest dimap von Wählern in der Altersgruppe von 35 bis 44 Jahren. Von ihnen gaben 16 Prozent ihre Stimmen den Rechtspopulisten, 10 Prozent mehr als 2013. Von den 25- bis 34-Jährigen stimmten 15 Prozent für die AfD, in der Altersgruppe 45 bis 49 noch 14 Prozent. Mit zunehmendem Alter sank die Zustimmung zur AfD. Von den 60- bis 69-Jährigen votierten 12 Prozent für sie, in der Wahlgruppe ab 70 Jahren nur noch 7 Prozent.
Von den Erst- und Jungewählern zwischen 18 und 24 Jahren gaben zehn Prozent ihre Zweitstimme der AfD. Das ist der geringste Wert in dieser Altersgruppe. Zum Vergleich: 24 Prozent der Erst- und Jungwähler stimmten für CDU/CSU, 19 Prozent für die SPD, 13 Prozent für die Grünen, 12 Prozent für FDP und 11 Prozent für die Linke.
AfD zweite Kraft bei Erstwählern im Osten
Gesondert betrachtete infratest dimap das Wahlverhalten der rund drei Millionen Erstwähler nach Ost und West. 7 Prozent von ihnen stimmten danach im Westen für die AfD, 17 Prozent im Osten. Dagegen votierten 25 Prozent der Erstwähler im Westen für die Union, nur 20 Prozent im Osten. 19 Prozent der West-Erstwähler machten bei der SPD ein Kreuz, 13 Prozent im Osten. Auch Grüne und FDP schnitten bei den Erstwählern im Westen besser ab als im Osten. Die Linke kommt bei den Erstwählern im Osten auf 14 Prozent, bei den Gleichaltrigen im Westen auf 10 Prozent.
Insgesamt kommt die CDU/CSU bei der Bundestagwahl auf 33 Prozent, die SPD auf 20,5 Prozent, die FDP auf 10,7 Prozent, die Linke auf 9,2 Prozent, die Grünen auf 8,9 Prozent und die AfD auf 12,6 Prozent. Die sonstigen Parteien erreichen insgesamt fünf Prozent.
AfD Sammelbecken unterschiedlichster Gruppen
Peter Matuschek vom Forsa-Institut zufolge ist die AfD ein Sammelbecken unterschiedlichster Gruppen. EU-Skeptiker oder Menschen, die die Politik für ihre persönliche Lage verantwortlich machen, zählten genauso dazu, wie Rechtsradikale. Nico Siegel von infratest dimap bezeichnete den Einzug der AfD in den Bundestag mit dieser hohen Anzahl an Abgeordneten als „Stresstest“. In den kommenden Wochen werde sich zeigen, wie die junge Partei sich in den parlamentarischen Betrieb einfüge.
Ob die AfD eine „Eintagsfliege“ bleibt, sehen die Forscher skeptisch. „Es gibt bei jedem Ding einen linken und einen rechten Rand“, sagte Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen. Aufgrund der historischen Erfahrung des Nationalsozialismus habe man es geschafft, den rechten Rand über Jahrzehnte zu tabuisieren. Man müsse nun damit rechnen, dass auch eine Partei am rechten Rand dauerhaft über fünf Prozent erreiche. Laut Jung ist dies jedoch kein Zustand, der grundsätzlich bedrohlich ist. (epd/mig)