Taufe erschlichen?

Debatte um Flüchtlingstaufen nach tödlicher Gewalttat eines Konvertiten

Wie viele muslimische Flüchtlinge in Deutschland zum Christentum konvertieren, kann niemand genau sagen. Die Kirchen betonen ihre grundsätzlich einladende Haltung mit Blick auf die Taufe, wollen jeden Fall aber auch weiterhin kritisch überprüfen.

Nach der tödlichen Gewalttat eines afghanischen Konvertiten ist eine Debatte über die Taufe von Asylbewerbern entbrannt. Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister rief die Kirche am Mittwoch zu einer kritischen Prüfung von Flüchtlingen auf, die zum Christentum übertreten wollen. Grundsätzliche Skepsis gegenüber Taufen muslimischer Flüchtlinge äußerte der Bund Deutscher Kriminalbeamter. Der kirchliche Flüchtlingsexperte Jürgen Blechinger wies den Vorwurf zurück, Asylbewerber würden in Deutschland vorschnell getauft.

Ein afghanischer Asylbewerber hatte am Wochenende einen fünfjährigen Jungen in einer Flüchtlingsunterkunft in Bayern erstochen. Anschließend wurde der Angreifer von der Polizei erschossen. Der verurteilte Straftäter war vor Jahren zum christlichen Glauben übergetreten und hatte sich mit diesem Argument erfolgreich gegen eine Abschiebung nach Afghanistan gewehrt.

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Kriminalbeamte: eins und eins zusammenzählen

Bischof Meister sagte, es sei notwendig, die jeweilige Lebenssituation des Taufwilligen genau zu kennen. Dennoch sei „bei aller Sorgfalt im Umgang mit Taufbegehren von Geflüchteten nicht auszuschließen, dass es im Einzelfall zu Missbräuchen kommt“, sagte der evangelische Theologe. Für Sanktionen sei nicht die Kirche, sondern der Staat zuständig. Es sei die Aufgabe staatlicher Gerichte, gegen diese Form von Missbrauch entschieden vorzugehen. „Missbräuchliche, erschlichene Taufen können nicht geduldet werden“, sagte Meister dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.

Der stellvertretende Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Ulf Küch, hält Konversionen muslimischer Flüchtlingen zum Christentum für einen „Trick, um im Land bleiben zu können“. „Muslime dürfen den Glauben nicht wechseln“, sagte Küch den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es müsse schon viel passieren, damit Muslime ihre Religion aufgeben. „Wenn die Abschiebung des Täters daran gescheitert ist, dass er seinen Glauben gewechselt hat, dann muss man nur eins und eins zusammenzählen.“

„Christ wird man nicht im Galopp“

Der Jurist Jürgen Blechinger, Referent für Migration und Flucht bei Landeskirche und Diakonischem Werk Baden, betonte indes, in den evangelischen Landeskirchen und den katholischen Diözesen gehe den Taufen immer eine intensive Vorbereitung voran. Blechinger wies darauf hin, dass die Gerichte und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Taufe sehr genau und teilweise „komplett überzogen“ prüften. „Eine Taufurkunde alleine reicht nicht“, sagte er dem epd. Blechinger führte weiter aus, dass manche Anhörungen inzwischen eher einem theologischen Staatsexamen glichen als einer Überprüfung, ob es dem Asylbewerber mit seiner Hinwendung zum Christentum ernst sei.

Auch das Bistum Augsburg, wo der afghanische Flüchtling getauft wurde, unterstrich: „Bevor jemand getauft und damit in die Kirche aufgenommen wird, muss er einen monatelangen Prozess der Vorbereitung und der Prüfung durchlaufen.“ Dies gelte für alle Taufbewerber, unabhängig von Herkunft oder kulturellem Hintergrund. „Christ wird man nicht im Galopp“, sagte der Leiter des Bischöflichen Seelsorgeamtes, Bertram Meier.

Erschleichung ausgeschlossen

Bevor die Taufe gespendet werde, müsse die ausdrückliche Erlaubnis des Bischöflichen Ordinariats eingeholt werden, sagte Meier weiter. „Damit stellen wir sicher, dass sich niemand die Taufe ‚erschleicht‘. Uns ist deshalb auch kein einziger Fall bekannt, dass die Taufe als Vorwand genutzt wurde, um nicht abgeschoben zu werden.“ Die Zahl der Muslime, die sich taufen ließen, sei in den vergangenen Jahren gering gewesen – bistumsweit weniger als zehn Personen pro Jahr.

Das Verwaltungsgericht München hatte im Juli 2014 festgestellt, der Afghane habe einen „ernsthaften Glaubenswechsel vollzogen und praktiziere den christlichen Glauben auch nach außen hin“. 2012 habe er sich taufen und firmen lassen, er gehe nach eigenen Angaben regelmäßig in die Kirche. „Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass der Kläger in Afghanistan aufgrund seines Abfalls vom moslemischen Glauben und der Zuwendung zum christlichen Glauben der konkreten Gefahr von schwerwiegenden Übergriffen auf seine Person ausgesetzt wäre.“ (epd/mig)