Kritische Europäer

Junge Menschen betrachten EU positiv und skeptisch

Junge Menschen in Europa betrachten die Union vor allem als Wirtschaftsbündnis und weniger als Wertegemeinschaft. Das geht aus einer neuen Umfrage der TUI Stiftung hervor.

Junge Europäer fühlen sich einer neuen Umfrage zufolge der Europäischen Union (EU) nur bedingt verbunden. So betrachten drei von vier jungen Menschen die EU vor allem als Wirtschaftsbündnis und weniger als Wertegemeinschaft, wie aus der von der TUI Stiftung am Donnerstag in Berlin vorgestellten Jugendstudie „Junges Europa 2017“ hervorgeht. Insgesamt sei die Grundstimmung positiv, aber kritisch, so der Tenor der Umfrage.

Für die neue Jugendstudie hatte das Meinungsforschungsinstitut YouGov nach eigenen Angaben 6.000 junge Menschen im Alter zwischen 16 und 26 Jahren in den sieben EU-Ländern Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, Großbritannien, Polen und Griechenland online befragt.

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Jeder Zweite sieht in Demokratie beste Staatsform

Die Demokratie sieht nur die Hälfte (52 Prozent) der Befragten als beste Staatsform an. Am wenigsten überzeugt die Demokratie laut der Umfrage junge Menschen in Frankreich (42 Prozent), Italien (45) und Polen (42). In allen drei Ländern waren in den vergangenen Jahren demokratiekritische Populismus-Bewegungen gewachsen. Bevorzugt werden hier unter anderem nicht demokratisch gewählte Expertenregierungen sowie mehr direkte Bürgerbeteiligung.

Unter den zehn Prozent der Spanier, die eine andere Staatsform als die Demokratie besser finden, nennen 30 Prozent den Sozialismus/Kommunismus; von den sechs Prozent britischen Demokratieskeptikern nennen 26 Prozent den Sozialismus/Kommunismus als bevorzugte Staatsform. In Deutschland ist die Zustimmung zur Demokratie als beste Staatsform höher (62 Prozent). In Griechenland, der sogenannten „Wiege der Demokratie“ wird mit 66 Prozent der Höchstwert der Zustimmung erzielt.

Jeder Dritte sieht eine Wertegemeinschaft

Nur 30 Prozent der Befragten sehen zudem in der EU ein Bündnis mit gemeinsamen kulturellen Werten. Lediglich sieben Prozent schreiben der EU eine gemeinsame christliche Kultur zu. Für 44 Prozent steht das Bündnis für Frieden in Europa. Ein Teil schreibt der EU zu, für Menschenrechte (40 Prozent) zu stehen, für Solidarität (33), Völkerverständigung (30), Sicherheit (29), Wohlstand und wirtschaftlichen Erfolg (25), Toleranz (24) sowie Stabilität und Verlässlichkeit (20).

„Ein Europa, dessen Wert vor allem in den Vorteilen des Binnenmarktes gesehen wird, droht austauschbar und beliebig zu werden“, warnte TUI-Stiftungsvorsitzender Thomas Ellerbeck. Marcus Spittler vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) sprach von einem ambivalenten Ergebnis. Die jungen Erwachsenen in Europa seien „kritische Europäer“, die generell zwar eine positive Grundhaltung zur EU hätten, aber „spezifische Politiken und institutionelle Arrangements hinterfragen“. Zudem gebe es ihrer Ansicht nach „keinen kulturellen Kit“ in Europa. Entsprechend „fragil“ sei die Zustimmung zur EU.

Mehr Macht für nationale Regierungen

Weiter zeigte die Studie, dass sich mehr als ein Drittel (38 Prozent) der jungen Europäer wünscht, dass die EU wieder Macht an die nationalen Regierungen zurückgibt. In Griechenland (60) und Großbritannien (44 Prozent) sei diese Tendenz besonders ausgeprägt. Die jungen Deutschen vertrauen dagegen der EU mehr als die anderen Befragten: Nur 22 Prozent wollen hier, dass die EU wieder mehr Macht an nationale Regierungen abgibt.

In keinem Land findet sich unter den jungen Europäern aber eine Mehrheit für einen EU-Austritt des jeweiligen Landes. Die meisten jungen Deutschen plädieren für einen Verbleib. Kritisch sind dagegen jungen Menschen in Griechenland (31 Prozent für den Austritt), französische (19) und polnische Jugendliche (22) bewegen sich im Mittelfeld. (epd/mig)