Die Europäische Union hat in arabischen Ländern einer Studie zufolge ein schlechtes Image. Im Gegensatz zu Lateinamerika, Asien und Subsahara-Afrika, wo in früheren Umfragen mehr als 70 Prozent der Bevölkerung die EU sympathisch finden, sehe in der arabischen Welt nur eine Minderheit den europäischen Staatenbund positiv, heißt es in der am Freitag veröffentlichten Analyse der Universität Münster. Die Spannbreite liege dort zwischen zehn und 45 Prozent Zustimmung.
Einer der Hauptgründe für die kritische Haltung ist laut Studie, dass die Mehrheit der Bevölkerung in der arabischen Welt eine Einmischung von außen ablehnt. „Je stärker der Wunsch nach nationaler Selbstbestimmung in der Bevölkerung ist, nicht zuletzt nach dem Arabischen Frühling, desto negativer die EU-Wahrnehmung“, sagte der Politikwissenschaftler Bernd Schlipphak vom Hochschul-Exzellenzcluster „Religion und Politik“.
Religion spielt kaum eine Rolle
Info: Die Studie des Exzellenzclusters ist in englischer Sprache veröffentlicht worden: Isani, Mujtaba und Schlipphak, Bernd (2016). The Desire for Sovereignty – An Explanation of EU Attitudes in the Arab World. Journal of Common Market Studies, DOI: 10.1111/jcms.12485. Der Artikel kann gegen Gebühr heruntergeladen werden.
Der intensive Wunsch nach staatlicher Souveränität wurzele auch in der Kolonialzeit, als Europäer in der Region viel Einfluss nahmen, sagte Schlipphak. Zudem fehle es der arabischen Bevölkerung an Vertrauen in politische Institutionen. Die Religion spielt laut Studie bei der Einschätzung der EU keine so starke Rolle wie bisher angenommen. „Unsere Analysen deuten darauf hin, dass die EU-Wahrnehmung nicht durch die Nähe zu einem religiösen Führer beeinflusst wird“, sagte Schlipphak.
Schlipphak hatte mit dem Ko-Studienautoren Mujtaba Isani die Ergebnisse des repräsentativen „Arab Barometers“ ausgewertet, das die US-Universitäten Princeton und Michigan sowie die Arab Reform Initiative erstellt haben. Dazu wurden zwischen 2013 und 2014 insgesamt rund 14.800 Menschen in Jordanien, den palästinensischen Gebieten, Libanon, Ägypten, Sudan, Algerien, Marokko, Jemen, Kuwait, Libyen, Tunesien und Irak befragt. (epd/mig)