Nordrhein-Westfalen

Verfassungsschutz überprüft künftig Ditib-Gefängnisseelsorger

Der Streit um den Märtyrer-Comic der türkischen Religionsbehörde Diyanet zieht Kreise: Künftig soll deswegen der Verfassungsschutz in NRW alle Ditib-Imame überprüfen, die als Gefängnisseelsorger tätig sind. Die Ditib reagiert mit Unverständnis und stellt Engagement in diesem Bereich in Frage.

Alle muslimischen Gefängnisseelsorger in Nordrhein-Westfalen werden künftig vom Verfassungsschutz überprüft. Das gelte auch für die Imame des türkischen Islamverbandes Ditib, teilte ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Justizministeriums am Freitag in Düsseldorf dem Evangelischen Pressedienst mit. Die Überprüfung der Ditib-Gefängnisseelsorger durch den Verfassungsschutz ist demnach eine Konsequenz aus der Kontroverse um einen Comic der türkischen Religionsbehörde Diyanet, in dem der Märtyrer-Tod verherrlicht wird.

Bislang seien nur die Gefängnisseelsorger von anderen Islamverbänden überprüft worden, erklärte der Sprecher weiter. Nun werde eine Gleichbehandlung hergestellt. „Die Prediger der Ditib genießen keinen Vertrauensvorschuss mehr“, sagte Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) dem Kölner Stadt-Anzeiger.

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Von den Ende Februar in den NRW-Gefängnissen als Seelsorger eingesetzten 114 Imamen wurden nach Ministeriumsangaben 97 von der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) entsandt. Die Justizvollzugsanstalten benennen demnach muslimische Seelsorger in der Regel selbst in Kooperation mit den örtlichen Moscheevereinen. Noch unklar ist nach Angaben des Ministeriumssprechers, ob der Verfassungsschutz künftig nur die neu als Gefängnisseelsorger eingesetzten Imame überprüft oder auch diejenigen, die zurzeit bereits in dieser Funktion tätig sind.

Hintergrund ist nach Darstellung des Ministeriums eine Kontroverse um einen Comic der türkischen Religionsbehörde Diyanet, mit der die Ditib eng verbunden ist. In dem für Kinder gedachten Heft wird der Märtyrertod positiv dargestellt. Weil sich Ditib nach Ansicht des NRW-Innenministeriums nicht ausreichend davon distanziert hatte, beendeten beide Seiten ihre Zusammenarbeit beim Präventionsprogramm „Wegweiser“. Das Programm soll Jugendliche vor dem Abdriften in den gewaltbereiten Salafismus schützen. In der muslimischen Community hingegen wird gemunkelt, dass die Zusammenarbeit wegen engen Beziehungen zwischen der Ditib und der Türkei aufgelöst wurde.

Wie schon auf diesen Schritt reagierte die Ditib auch auf Kutschatys Entscheidung mit Unverständnis. Sie sei „als politisch motiviert und als reiner Wahlkampfpopulismus zu bewerten“ und entbehre jeder sachlichen und rechtlichen Grundlage, sagte Ditib-Vorstandsmitglied Murat Kayman dem Kölner Stadt-Anzeiger. Kayman stellte zudem eine weitere Mitwirkung der Ditib bei der Gefangenen-Seelsorge infrage. Wenn das Vertrauensverhältnis „durch behördliche Aussagen auf so gravierende Weise“ verletzt werde, müsse sich die Ditib fragen, ob sie sich in diesem Bereich „überhaupt noch engagieren will“, sagte er. (epd/mig)