Flüchtlingspolitik

Diskussion um Ausnahmen beim Mindestlohn

Die Koalition will ein Paket für die Integration von Flüchtlingen auf den Weg bringen. Nun haben CDU und SPD erste Beschlüsse vorgelegt. Einiges klingt nach Gemeinsamkeit und Kompromiss, in anderen Punkten deutet sich erneuter Streit an.

Ein Forderungskatalog der CDU zur Integration von Flüchtlingen lässt neuen Koalitionsstreit in der Asylpolitik erahnen. Am Montag stellte CDU-Generalsekretär Peter Tauber in Berlin die Pläne vor, nach denen für Flüchtlinge die Hürden für ein Daueraufenthaltsrecht erhöht und Versäumnisse bei der Integration bestraft werden sollen. Der bereits zuvor diskutierte Vorstoß für weitere Ausnahmen beim Mindestlohn für Flüchtlinge stieß bei Opposition, Gewerkschaften und dem Koalitionspartner SPD auf Protest. Während die CDU diesen Punkt schließlich abschwächte, setzten die Sozialdemokraten bei ihrer Präsidiumssitzung in Mainz am Montag eigene Beschlüsse zur Integration entgegen.

Tauber erklärte, ein Daueraufenthaltsrecht für Flüchtlinge solle künftig nur gewährt werden, wenn die Betroffenen Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen, für ihren Lebensunterhalt aufkommen können und einen Integrationskurs absolviert haben. Damit würden sie anderen Ausländern gleichgestellt, die diese Voraussetzungen nach fünf Jahren für eine sogenannte Niederlassungserlaubnis erfüllen müssen. Flüchtlinge erhalten dagegen momentan bereits nach drei Jahren einen Daueraufenthalt, wenn die Fluchtgründe weiter vorliegen.

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SPD für Integrationsoffensive

An diesem Punkt zeigt sich die SPD kompromissbereit: Wer auch nach drei Jahren Aufenthalt die deutsche Sprache noch nicht gelernt hat und straffällig geworden ist, könne aufenthaltsrechtliche Sanktionen erhalten, heißt es im Beschluss des SPD-Präsidiums. Die Sozialdemokraten fordern darin aber vor allem mehr Geld für Integration. Wer verpflichtende Integrations- und Sprachkurse fordere, müsse auch dafür sorgen, dass im Bund die nötigen Mittel nicht blockiert würden, heißt es in dem Beschluss.

Die SPD fordert darüber hinaus 20.000 zusätzliche Erzieher und 25.000 Lehrer mehr in Ganztagsschulen für eine Integrationsoffensive. Tauber erklärte hingegen, gute Integration sei nicht allein mit mehr Geld zu haben.

Streit um Mindestlohn

Der heftigste Streit zwischen den Koalitionspartnern deutete sich allerdings beim Mindestlohn an. Nach Medienberichten vom Wochenende wollte die CDU Flüchtlinge grundsätzlich Langzeitarbeitslosen gleichstellen. Damit könnten sie bei einer Beschäftigung bis zu einem halben Jahr unterhalb des Mindestlohns bezahlt werden.

Nach heftiger Kritik erläuterte Tauber dann am Montag, vom Parteivorstand beschlossen sei bei Asylberechtigten und anerkannten Flüchtlingen nur eine Ausnahme bei Praktika. Die Praktikumsdauer, in der vom Mindestlohn abgewichen werden kann, soll bei ihnen von drei auf mindestens sechs Monate erweitert werden. Ansonsten erlaube bereits die berufliche Einstiegsqualifizierung schon heute, Flüchtlinge bis zu zwölf Monate unterhalb des Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde zu beschäftigen, erklärte Tauber.

SPD gegen Beschränkungen beim Mindestlohn

Die SPD hatte zuvor scharf gegen Beschränkungen beim Mindestlohn protestiert. „Wer jetzt den Mindestlohn für Flüchtlinge aushebeln will, wirft einen Brandsatz in unsere Gesellschaft“, heißt es im Beschluss des SPD-Präsidiums. Das spiele Arbeitsuchende, die ins Land kommen, gegen Arbeitnehmer aus, die schon hier sind, heißt es zur Begründung.

Flüchtlinge beziehen nach ihrer Ankunft maximal 15 Monate lang Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Danach wechseln sie in den Bezug nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II. Das Bundesarbeitsministerium betonte am Montag, dass sie dann auch anderen Langzeitarbeitslosen gleichgestellt sind. Bleiben Flüchtlinge im SGB-II-Bezug also länger als ein Jahr ohne Beschäftigung, kann der Mindestlohn bei ihrer Einstellung für ein halbes Jahr unterschritten werden.

Auch Opposition und Gewerkschaften warnten. Gefordert wurden die Ausnahmen vor allem von der Wirtschaft. Die hätte sich sogar weitergehende Regelungen als zunächst in der CDU diskutiert gewünscht. Im Tagesspiegel forderte ein Sprecher der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), dass die Lohuntergrenze für Flüchtlinge und Langzeitarbeitslose in den ersten zwölf Monaten der Beschäftigung nicht gelten soll. (epd/mig)