Bildungsstudie

Startnachteile von Migranten werden in der Schulfinanzierung kaum berücksichtigt

Schulen mit hohem Migrantenanteil brauchen mehr Mittel, um Schüler mit Startnachteilen fördern zu können. Eine Länder-Analyse zeigt aber, dass Schulfinanzierung sich kaum am Bedarf orientiert. Schulen mit hohem Migrantenanteil erhalten teilweise soger weniger Geld.

Schüler mit Migrationshintergrund lernen häufiger in leistungsschwachen Schulklassen – insbesondere an Schulen in sozial benachteiligten Stadtteilen. Diese Startnachteile werden in der Schulfinanzierung allerdings nur unzureichend berücksichtigt. Die Folge: Schulen mit einem hohen Zuwandereranteil und Schulen in sozial schwieriger Lage erhalten trotz Mehrbedarf (z.B. für Sprachförderung) oft ebenso viele Zuschüsse für zusätzliche Lehrerstellen wie die ‚Durchschnittsschule‘ oder sogar weniger.

Ein Papier des Forschungsbereichs des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR-Forschunbsbereich) analysiert, ob und wie die 16 Bundesländer ihre Schulen heute schon bedarfsorientiert ausstatten. Er untersucht, nach welchen Kriterien die Kultusbehörden zusätzliche Bedarfe ermitteln und welche Rolle Schüler- und Sozialraumdaten bei der Mittelvergabe spielen.

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Download: Das Papier des SVR-Forschungsbereichs und eine Infografik können hier heruntergeladen werden.

Um den individuellen Bedarf einer Schule verlässlich zu ermitteln, bedarf es aussagekräftiger Indikatoren wie etwa soziale Benachteiligung und Sprachförderbedarf. Die Analyse des SVR-Forschungsbereichs zeigt, dass nur ein Teil der Bundesländer landesweit einheitliche Indikatoren anwendet. Darüber hinaus fehlt es an aussagekräftigen auf die einzelne Schule bezogenen Daten.

Dr. Cornelia Schu, Direktorin des SVR-Forschungsbereichs, mahnt an: „Derzeit verteilen nur neun Bundesländer ihre Mittel auf Basis klar definierter Indikatoren, wie unsere Analyse der Lehrerzuweisung in den Ländern ergeben hat. Das zeigt den Handlungsbedarf in diesem Bereich. Zumal sich die Länder bereits 2007 selbst dazu verpflichtet haben, die Standortnachteile einzelner Schulen gezielt durch zusätzliche Ressourcen auszugleichen.“

Zwar erfordern regional unterschiedliche Herausforderungen auch regional angepasste Lösungen, drei Handlungsempfehlungen sind jedoch in allen Ländern für eine gezielte Schulfinanzierung aussichtsreich: Erstens sollte in jedem Bundesland eine einheitliche Datenbasis geschaffen werden, um den Mehrbedarf einzelner Schulen transparent und vergleichend messen zu können. Zweitens empfiehlt der SVR-Forschungsbereich, das Expertenurteil der örtlichen Schulbehörden ergänzend zu nutzen. So kann ein akuter Mehrbedarf zum richtigen Zeitpunkt erkannt und gedeckt werden. Drittens sollte regelmäßig überprüft werden, ob die zusätzliche Förderung bei den Schülern ankommt.

Für Dr. Susanne Farwick, Leiterin des Bereichs Integration der Stiftung Mercator, ist ausschlaggebend, dass über eine bedarfsorientierte Finanzierung auch mehr gezielte Fortbildungsangebote für Lehrer gemacht werden: „An Schulen in sozial schwieriger Lage sind nicht nur mehr Stellen notwendig, die Lehrkräfte müssen dabei auch fit gemacht werden für die Herausforderungen ihrer Schülerschaft.“ (sb)