Gesetzesänderungen rücken näher

Parteien diskutieren über Vergewaltigungen und Ausweisungen

Nach sexuellen Übergriffe in Köln verdichten sich Forderungen nach Gesetzesänderungen. Die CDU will verurteilte Flüchtlinge schon bei Bewährung ausweisen können. Zudem kam der Entwurf zur Verschärfung des Sexualstrafrechts wieder ins Bewusstsein.

Die CDU-Spitze fordert nach den Übergriffen in Köln deutliche Gesetzesverschärfungen. Der Bundesvorstand der Partei beschloss am Samstag in Mainz einstimmig ein Papier, wonach Flüchtlinge die Asylberechtigung oder den Flüchtlingsstatus verlieren, wenn sie zu einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe verurteilt werden. Damit hat die Partei ihren Entwurf dieser „Mainzer Erklärung“ verschärft: Der Verlust soll auch dann gelten, wenn die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) äußerte sich zurückhaltend.

Als CDU-Vorsitzende sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel von „widerwärtigen, kriminellen“ Taten in der Silvesternacht. Gruppen junger Männer hatten in der Silvesternacht in Köln aus einer Ansammlung von über 1.000 Menschen heraus gezielt Frauen sexuell bedrängt und bestohlen. Nun seien Bürger verunsichert, weil Gesetze zum Teil nicht vollzogen würden und es Defizite gebe, die nun behoben werden müssten, sagte Merkel. Serientäter müssten die Härte des Rechts spüren. Die Union werde darüber mit dem Koalitionspartner SPD sprechen.

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Der SPD-Bundesjustizminister Heiko Maas erklärte der Bild am Sonntag, er wolle mit Innenminister Thomas de Maizière (CDU) prüfen, „ob unsere Möglichkeiten ausreichen, um Kriminelle zurückzuschicken“. Auch zum Schutz der „vielen Flüchtlinge, die sich nichts zuschulden haben kommen lassen“ sei es nötig, alle Täter konsequent zur Rechenschaft zu ziehen, sagte Maas. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Burkhard Lischka, sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, er sehe die CDU-Vorschläge „ganz unideologisch“.

Im Aufenthaltsgesetz (Paragraf 53) gilt der Grundsatz, dass Ausländer dann ausgewiesen werden können, wenn das Interesse des Staates daran das Bleibeinteresse überwiegt. Es ist eine Einzelfallentscheidung. Ein „besonders schwerwiegendes“ Ausweisungsinteresse besteht demnach, wenn jemand zu zwei oder mehr Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Als „schwerwiegendes“ Ausweisungsinteresse gilt eine Gefängnisstrafe von mindestens einem Jahr.

Die Grünen hingegen kritisierten die Beschlüsse des CDU-Bundesvorstandes. Parteivorsitzende Simone Peter sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: „Diese Schnellschüsse sind unaufrichtig und schüren weiter Ressentiments und rechte Hetze gegen Flüchtlinge.“

Auch Sexualstrafrecht soll verschärft werden

Auch Verschärfungen im Sexualstrafrecht rückten am Wochenende in den Mittelpunkt. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will Vergewaltigungen härter bestrafen. Der Gesetzentwurf von Maas war schon im Juli 2015 bekanntgeworden. Erst jetzt läuft nach Angaben der Bild am Sonntag die Abstimmung zwischen den Bundesländern. Es geht um sexuelle Übergriffe, bei denen der Täter die Angst des Opfers „vor einem empfindlichen Übel“ ausnutzt. Dem derzeit geltenden Sexualstrafrecht zufolge gilt Geschlechtsverkehr nur in drei Fällen als Vergewaltigung: Wenn er mit Gewalt oder mit Drohungen für Leib und Leben erzwungen wird oder wenn der Täter eine schutzlose Lage des Opfers ausnutzt. Ein eindeutig geäußertes „Nein“ genügt nicht.

Nach Ansicht der Grünen geht Maas nicht weit genug. Peter sprach von einer bisherigen „Blockade der Bundesregierung“. Ein eindeutiges Nein zu sexuellen Handlungen müsse eine Grenze bilden, deren Überschreitung strafbar sei, sagte die Vorsitzende des Rechtsausschusses, Renate Künast (Grüne), der Berliner Zeitung. Bei Maas aber bleibe es „im Grunde beim alten Tatbestand, der oftmals zu Freisprüchen führt“.

Anfang Juli hatten die Grünen einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, nach dem schon nach einem verbalen Widerstand wie einem „Nein“ auf jeden Fall der Straftatbestand der Vergewaltigung erfüllt wäre. Der Entwurf des Justizministers hingegen fordere einen Beweis, dass das Opfer ein „empfindliches Übel“ zu befürchten hätte, wenn es in der Situation Widerstand leisten würde, kritisierten die Grünen. Die Formulierung „empfindliches Übel“ wird im Gesetz für den Straftatbestand der Nötigung verwendet.

Auch die CDU fordert in ihrer „Mainzer Erklärung“ Verschärfungen. Auch sexuelle Belästigungen wie Grapschen sollten unter Strafe gestellt werden. Für den Straftatbestand der Vergewaltigung müsse „ein klares Nein des Opfers ausreichen, auch wenn nicht zugleich der Tatbestand der Gewalt oder Nötigung vorliegt“, sagte die Vorsitzende der Frauen Union, Annette Widmann-Mauz. (epd/mig)