Theatertipp zum Wochenende

Kreatives Engagement für Menschenrechte

In den dokumentarischen Theaterstücken der „Bühne für Menschenrechte“ werden Biografien und Erlebnisse von Asylsuchenden erzählt. Wie die erste Produktion „Asyl-Monologe“ wird das Stück „Asyl-Dialoge“ in ganz Deutschland aufgeführt. Von Delia Friesss

Am Freitag vergangener Woche erhielt die „Bühne für Menschenrechte“ für die dokumentarischen Theaterstücke „Asyl-Monologe“ und „Asyl-Dialoge“ den Amadeu Antonio Preis für kreatives Engagement für Menschenrechte – gegen Rassismus und Diskriminierung. Der mit 3.000 Euro dotierte Preis wird von der Amadeu Antonio Stiftung und der Stadt Eberswalde vergeben und 2015 zum ersten Mal verliehen. Der Preis ist nach Amadeu Antonio benannt, der vor 25 Jahren von Neonazis niedergeschlagen wurde und seinen Verletzungen erlag.

In den dokumentarischen Theaterstücken der „Bühne für Menschenrechte“ werden Biografien und Erlebnisse von Asylsuchenden erzählt. Wie die erste Produktion „Asyl-Monologe“ wird das Stück „Asyl-Dialoge“, das im Januar 2015 Premiere hatte, in ganz Deutschland aufgeführt. Über 350 Mal wurden die beiden Theaterstücke bereits gespielt. Gerade werden sie im Rahmen der Sachsen-Tour 2015 gezeigt.

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„Ihr möget nie wissen, was ein Krieg ist.“ Die Zuschauer im Heimathafen Neukölln in Berlin hören die Erlebnisse von Rajana, die aus Tschetschenien nach Deutschland geflohen ist. Ihr Bericht wird gekürzt, aber wortgetreu vorgetragen. Regisseur Michael Ruf und sein Team interviewten Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten. Die Theaterstücke können ein Bewusstsein für die Situation von Asylsuchenden in Deutschland und Europa schaffen oder schärfen. Die Interviewten sagten, es mache für sie keinen Unterschied, welche Nationalität, Hautfarbe oder Religion die Schauspieler, die ihre Geschichte erzählen, haben, ergänzt der Regisseur.

Neben den unterschiedlichen Biografien sind Berichte über Lebensgefahr, Krieg, politische Verfolgung, Gefangenschaft und Flucht zu hören. Aber auch von Menschenrechtsverletzungen auf dem Boden der Europäischen Union wie Folter in einem bulgarischen Gefängnis. Von den Erfahrungen mit dem deutschen Asylsystem und mit deutschen Behörden. „Du fliehst aus deinem Land und du kommst in einem anderen Land an, und dann passiert sowas.“, sagt Ali aus Togo. Auch hoffnungsvolle Geschichten werden erzählt, zum Beispiel von Safiye, die nach 11 Jahren Haft in einem türkischen Gefängnis in Deutschland zwei Kinder bekommt.

Wie erreicht man Menschen in Europa, die auf Kosten ganzer Kontinente leben, in Zeiten, in denen rechte Parteien und populistische Bewegungen einen Aufschwung erleben und Zäune gebaut werden? Die „Bühne für Menschenrechte“ organisiert ein Netzwerk an Schauspielern und Musikern, um die Theaterstücke „Asyl-Monologe“ und „Asyl-Dialoge“ mit einem wechselnden Ensemble und regionalen Schauspielern an möglichst vielen Orten zu spielen. Dabei werden kein Bühnenbild und keine Requisiten eingesetzt. Die Schauspieler im Berliner Heimathafen Neukölln treten hinter den Texten zurück und das Gesprochene verwandelt sich gerade deshalb in bedrückende Bilder.

Vorbild der „Bühne für Menschenrechte“ ist die Organisation „Actors for Human Rights“ in Großbritannien, deren Aufführungen bereits über 10.000 Menschen gesehen haben. Laut Ruf sei das Feedback der Zuschauer enorm. Viele hätten sich nach der Aufführung dazu entschlossen, sich stärker mit Asyl-Themen zu beschäftigen und sich gegen Menschenrechtsverletzungen zu engagieren.