Akif Pirinçci

Deutschlands Mustersklave

Pirinçci ist wie der Mustersklave Stephen aus Quentin Tarantinos „Django Unchained“. Als nützlicher Idiot spricht er jene kruden Gedanken aus, die viele denken aber sich zu fein sind, sie selbst zu äußern. Von Lalon Sander

Die deutsche Rechte hat einen neuen, ungewöhnlichen Star, Akif Pirinçci, ein eingebürgerter türkischer Einwanderer und Autor von „Sachbüchern“, die so hasserfüllte wie skurrile Titel wie „Die große Verschwulung“ oder „Der irre Kult um Frauen, Homosexuelle und Zuwanderer“ haben. Bisher hatten konservative Medien wenige Probleme damit, Pirinçcis Sexismus, Homophobie und Rassismus mit Verweis auf seine Herkunft zu entpolitisieren. Wenn selbst ein Einwanderer so etwas über Einwanderer und Muslime sagt, muss wohl etwas dran sein.

Das scheint sich nun zu ändern, denn Pirinçci hat etwas getan, das selbst für manche Konservative die letzten Grenzen überschreitet. Vor 20.000 versammelten „besorgten Bürgern“ sprach er von Asylsuchenden als „flüchtende Schlampen“ und warnte davor, dass Deutschland zu einer „Moslemmüllhalde“ werde und unterstellte, dass die Mächtigen in Deutschland die Islamophoben („das eigene Volk“!) des Landes gerne in Konzentrationslager stecken würden. Die Rede ging offenbar sogar den weißen Demoanführern zu weit, weshalb sie Pirinçci von der Bühne komplimentierten – um danach die eigenen hasserfüllten Reden zu halten.

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Mit seinen blumigen Ausdrücken („so viel gemein wie mein Arschloch mit der Parfüm-Herstellung“) ist Pirinçci natürlich weder besonders kreativ noch kontrovers. Die Themen seiner öffentlichen Äußerungen – Sexismus, Homophobie, Islamophobie und Opferhaltung – sind in der deutschen Rechten gang und gäbe, kaum werden Privilegien abgebaut ist schon das Ende des Abendlandes in Sicht. Pirinçci nutzt nur den Spielraum aus, der ihm als vermeintlichen Immigranten-Whistleblower gegeben wird, um in der Öffentlichkeit das alles in einer krasseren Sprache zu besprechen, als es weiße Rassisten tun dürfen.

Pirinçci ist wie der Mustersklave Stephen aus Quentin Tarantinos „Django Unchained“, der den freien Schwarzen Django übel beschimpft und seine Freiheit in Frage stellt („der N. soll im großen Haus schlafen?!“) – Dinge, die sein Versklaver Calvin Candie aus „Höflichkeit“ nicht äußern würde. Man ahnt, dass Candie ganz dankbar dafür ist, dass Stephen ausspricht, was er selbst gegenüber dem reichen Geschäftspartner nicht äußern kann. Pirinçci macht sich seit Jahren zu so einem Mustersklaven für deutsche Konservative und nun auch noch für Rechtsextreme. Als nützlicher Idiot spricht er jene kruden Gedanken aus, die viele denken aber sich zu fein sind, sie selbst zu äußern.

Angesichts der strukturellen Diskriminierung und offenem Hass, der Einwanderern und Muslimen in Deutschland begegnet, knien sich viele Migranten besonders rein, um durch Leistung ein wenig Anerkennung zu erlangen – oder zumindest ihre Anwesenheit nicht hinterfragt zu bekommen. Das ist eine Strategie, mit Rassismus umzugehen.

Pirinçci hat eine andere gewählt: Kollaboration. Er ist dem rassistischen Deutschland so weit in den Arsch gekrochen wie er konnte. Sein Hass wendet sich an alle Menschen mit Migrationshintergrund, die es wagen Akzeptanz, Freiheit und Rechte für sich einzufordern – denn der Abbau von Rassismus hieße, dass unterwürfige Speichellecker ihre kleinen Distinktionsmöglichkeiten nach weiter unten verlieren würden.