Gelichter

Stellt euch vor, ein „Wirtschaftsflüchtling“ zu sein!

Ein altes indianisches Sprichwort besagt, dass, wenn Cholera zu Haarausfall und erektiler Dysfunktion bei reichen, weißen Männern führen würde, gäbe es längst ein Mittel dagegen. Von Sven Bensmann

Aber schön, dass es Euch so gut geht.

Dennoch bin ich ein bisschen neugierig: Wie wollt Ihr eigentlich all die Toten entschädigen?

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Ich will ja niemandem seinen Heiligenschein entreißen, aber es läuft doch alles andere als auch nur mäßig mit uns, selbst wenn es für uns nicht schlecht läuft.

Wie wäre es denn, wenn Ihr, das Tätervolk, mal die Opfer wäret? Wenn es nicht um das halbe Dutzend Türken ginge, die in Dresden leben und dort Euer Abendland bedrohen, sondern vielleicht um Eure Kinder, die in der brennenden Hitze irgendeines subsaharischen Landes krepieren, oder direkt um Euch, die Ihr in einer der „schönen Ecken Syriens“, die Ihr und die CSU ausgemacht haben wollt, hocktet, immer in der Angst, dass deutsches Giftgas oder amerikanische Drohnen Euch das Leben nehmen, nur weil irgendwer weit weg die Idee hatte, dass Ihr gefährlich werden könntet?

Vielleicht zu hypothetisch.

Ist für euch nicht bereits das Ende der Welt gekommen, wenn man Frauen nicht mit pekuniären Anreizen davon abhält, eine eigene Karriere zu verfolgen? Was wäre, wenn Ihr euch nicht über ein paar lächerliche Ersteweltprobleme Sorgen machen müsstet, sondern ums nackte Überleben?

Vielleicht immer noch hypothetisch.

Darum mal andersherum: Schaut euch Eure Taten an, als seien sie die eines anderen – Ihr wollt vielleicht mit euch selbst nicht ins Gericht gehen, andere verurteilt Ihr ja doch ohne Zögern – wäret Ihr dann also immer noch zufrieden mit Euch?

Und was für Worte könntet Ihr finden für widerliche Populisten, die Menschen aus dem Land schmeißen wollen, weil Sie „nur“ verhungern, und nicht etwa erschossen werden könnten?

Womöglich wieder zu viel verlangt.

Vielleicht könnt Ihr euch ja auch Folgendes besser vorstellen: Was wäre, wenn es in Heathrow eine Sondereinheit gäbe, die deutsche Wochenendreisende, welche mal schnell zum Shoppen nach London jetten, statt die heimische Fußgängerzone zu penetrieren, als Wirtschafts- oder gar Armutsflüchtlinge in Lagern kasernieren würde? Vergleicht man Oberhausens, Dortmunds oder Dresdens Innenstädte mit Londons Luxusboutiquen drängt sich der Gedanke ja fast auf…

Ich geb’s auf. Hättet Ihr Fantasie, könntet Ihr euch leicht vorstellen, dass Nichtdeutsche nicht schlechter sind als Biodeutsche.

Darum bloß eine letzte einleitende Frage: Sie haben es nämlich bestimmt auch gelesen?

Das wichtigste Gegengift, welche bei Schlangenbissen verwendet wird, geht zu Neige. Gebraucht wird es insbesondere südlich der Sahara, es ist ein bewährtes, sicheres und wirksames Medikament, bei welchem zudem der Verursacher nicht genau bekannt sein muss, weil es gegen gleich zehn der häufigsten Gifte hilft: Fav-Afrique. Es wird einfach nicht mehr produziert. Viele werden deswegen sterben. Der Grund? Es war nicht mehr rentabel.

Hausaufgabe: Macht euch doch mal Gedanken darüber, was es eigentlich bedeutet, ein „Wirtschaftsflüchtling“ zu sein.