Geschichte des Islams in Deutschland

Muslimische Flüchtlinge als fremde, nicht integrierbare Bedrohung?

Unter den aktuellen Flüchtlingen, die in die BRD kommen, sind auch viele Menschen muslimischen Glaubens. Sie werden mindestens skeptisch beäugt. „Der Islam“ wird in großen Bevölkerungsteilen als Bedrohung empfunden. Für manche Politiker gehört „der Islam“ nicht zu Deutschland. Dabei wird übersehen, dass es eine jahrhundertelange Geschichte des Islams in Deutschland gibt.

Spätestens seit den Terroranschlägen am 11.9.2001, an dem deutsche Muslime als Täter mitbeteiligt waren, wird der Islam in großen Bevölkerungsteilen der BRD als Bedrohung empfunden. In oft vereinfachender und hetzerischer Weise wird eine „Islamisierung“ als Bedrohung für die westlichen Einwanderungsgesellschaften konstruiert. Der Islam wird als monolithischer Block gesehen und mit den negativen Attributen militant, totalitär, antidemokratisch und frauenfeindlich versehen. Unterschiedliche Glaubensvorstellungen bei Sunniten, Schiiten, Alewiten, Alawiten usw. oder die Auffassung eines säkularen Islams fehlen häufig in der Debatte. Negative unveränderliche Merkmale werden in der Wissenschaft, in den Medien und auch von gesellschaftlichen Verantwortungsträgern transportiert. Die ständige Wiederholung der These, die christlichen europäischen Gesellschaften müssten sich gegen einen immer als fundamentalistisch und monolithisch verstandenen Islam wehren, dient dazu, religiöse Konkurrenzangst zu nationalisieren und zu ethnisieren. 1 Der Islam wird als existenzbedrohend für die deutsche Gesellschaft und ihre „nationale Identität“ dargestellt. In all diesen Szenarien taucht ein altbekanntes Muster auf; nämlich die Zurichtung der Gesellschaft nach Carl Schmitts Prinzipien der Freund-Feind-Bestimmung 2.

Der Bau von Moscheen in Deutschland beschäftigte lange Zeit die bundesrepublikanische Öffentlichkeit. Vor allem der Neubau einer Moschee in Köln-Ehrenfeld hatte eine überlokale gesamtgesellschaftliche Relevanz und war Teil eines „Kulturkampfes von rechts“. 3 Die rechte Partei Pro Köln machte die Ablehnung des Baus der Moschee zu einem wesentlichen Teil ihres Kommunalwahlkampfes 2004 und sprach von einer „schleichenden Islamisierung“, die in der BRD vor sich gehen würde. 4 In einem Flugblatt hieß es: „Wo eine Moschee steht, wird als nächstes ein Minarett und dann der Muezzin-Ausruf bei der zuständigen Behörde beantragt. Den nicht-islamischen Kölnern stehen also spannende Zeiten bevor. (…) Die islamischen Verbände in Köln haben sich von den islamischen Extremisten bislang nicht distanziert. Es ist also sehr gut möglich, dass die neue Groß-Moschee auch eine gefährliche Zufluchtsstätte für islamische Extremisten wird.“ 5 Pro Köln gelang es, über 20.000 Unterschriften gegen den geplanten Moscheebau zu präsentieren. Dies zeigt, dass ihre islamophobe Stimmungsmache bei einem Teil der Bevölkerung auf fruchtbaren Boden traf. 6

___STEADY_PAYWALL___

Innerhalb der Kölner CDU entwickelte sich eine heftige Diskussion um den Neubau; die dabei vorgetragenen Argumente waren zum Teil von rassistischen Ressentiments geprägt und boten eine Steilvorlage für Pro Köln. Erst auf ihrem Parteitag am 14.8.2007 rang sich die CDU zu einer öffentlichen Zustimmung des Baus der Moschee durch. Der Kölner Publizist Ralph Giordano sprach sich gegen den Bau aus, da er darin die Verschärfung einer gesellschaftlichen Polarisierung zwischen Muslimen und der deutschen Bevölkerung sah, die nicht zum Gelingen von Integration beitragen würde. 7 Dies wurde von Pro Köln begeistert aufgenommen und wahlkampftaktisch ausgeschlachtet. Viele gesellschaftliche Lokalgrößen sprachen sich dagegen für den Bau aus, der letztlich auch durchgeführt wurde.

Der damalige Bundespräsident Christian Wulff (CDU) äußerte 2010 öffentlich die Ansicht, „der Islam“ gehöre zu „Deutschland“, was von rechter Seite kritisiert wurde. Als Anfang 2015 Bundeskanzlerin Angela Merkel Wulffs Satz bekräftigte, sorgt dies wiederum für Diskussionen in der CDU. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich widersprach der Einschätzung Merkels. Für Tillich, der dem Präsidium der Bundes-CDU angehört, gehöre der Islam nicht zu Deutschland. Muslime seien in Deutschland willkommen und könnten ihre Religion ausüben, was „aber nicht bedeutet, dass der Islam zu Sachsen gehört.“ CDU-Fraktionschef Volker Kauder betonte, dass „Muslime zu Deutschland gehören“, „der Islam“ jedoch nicht.

Das Bündnis „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) protestiert vor allem in Dresden mit mehreren zehntausend Teilnehmern in der Tradition der Montagsdemonstrationen gegen eine „Islamisierung Europas“. Die dort auch angesprochenen Themenbereiche „nationale Identität“ und „Asylmissbrauch“ sind eng mit dem Postulat gegen „Islamisierung“ verknüpft. Pegida transportiert einen antimuslimischen Rassismus, die Demonstrationen sind die größten rechten Aufmärsche seit dem 2. Weltkrieg. Rechte Hooligans der Dresdener Gruppierungen „Faust des Ostens“ (FdO) und „Hooligans Elbflorenz“ (HE) nehmen nachweislich regelmäßig an den Demonstrationen teil, ohne dass diese Schnittstellen von Pegida und HoGeSa thematisiert werden. Die auch dort teilnehmende NPD oder Mitglieder von neonazistischen „Kameradschaften“ auch aus dem benachbarten Ausland werden nicht ausgeschlossen. In diesem Zusammenhang verweisen Pegida-Sprecher lediglich auf das Versammlungsgesetz, das jedem die Teilnahme an den Demonstrationen erlaube. Die bei den Pegida-Aufmärschen beobachteten ethnisch-rassistischen Identitätskonstrukte lassen sich nach dem Sozialwissenschaftler Alexander Häusler folgendermaßen zusammenfassen:

Die Geschichte des Islams in Deutschland zeigt jedoch, dass das Zusammenleben zwischen deutschen Muslimen und der autochthonen Mehrheitsbevölkerung auf der Basis von gegenseitigem Respekt und religiöser Toleranz in weiten Teilen als gelungen bezeichnet werden kann. Antimuslimischer Rassismus sowohl in institutioneller Hinsicht als auch im Alltagsleben war und ist jedoch immer virulent.

Die ersten überlieferten Kontakte zwischen der islamischen Welt und dem Römischen Reich deutscher Nation begannen jedoch schon mit einem Besuch muslimischer Gesandter beim Frankenherrscher Karl in Aachen 788. 8

Nach der Abwehr der ersten Belagerung im Jahre 1529 erlebte die Stadt Wien 1683 die zweite Belagerung durch die Osmanen. 9 Die Angst vor der „Türkengefahr“ war im gesamten christlichen Europa präsent. Die Reichsstände beteiligten sich im Rahmen der „Reichstürkenhilfe“ an der Verteidigung Wiens, die damals Residenzstadt des Heiligen Römischen Reiches war. Die bei der Schlacht von Wien 1683 in Kriegsgefangenschaft geratenen muslimischen Soldaten an den verschiedenen Höfen betrugen mehrere Hundert Personen. Die Mehrheit wurde getauft oder kehrte in ihre Heimat zurück.

Im Jahre 1701 kam der erste offizielle osmanische Diplomat, Mektupçu Azmi Said Efendi, in das damalige Heilige Römische Reich. Anlass für diesen Besuch war die Krönung Friedrichs I. am 18. Januar 1701 im Königsberger Schloss zum König in Preußen. Dessen Sohn, König Friedrich Wilhelm I., erhielt vom Herzog von Kurland (heutiges Lettland) zwanzig großgewachsene türkische Kriegsgefangene als „Geschenk“ für sein Garderegiment der Langen Kerls. Friedrich Wilhelm I. ließ mit dem Potsdamer Dekret aus dem Jahre 1731 für diese Muslime am Langen Stall in Potsdam einen Saal als „erste Moschee“ errichten, zudem sei spätestens im Jahr 1739 die erste islamische Gemeindegründung auf deutschem Boden erfolgt. 10 Diese Version darf allerdings bezweifelt werden. 1740 schrieb Friedrich der Große: „Alle Religionen sind gleich und gut, und wenn nur die Leute, die sich zu ihr bekennen, ehrliche Leute sind. Und wenn die Türken (…) kämen und wollten hier im Lande wohnen, dann würden wir ihnen Moscheen (…) bauen.“ 11

Im Jahr 1762 wurde in Preußen ein selbstständiges „Bosniakenkorps“ mit ca. 1000 Mann gebildet. Seit 1763 gab es in Berlin eine ständige osmanische Gesandtschaft, doch erst 1877 wurde die Deutsche Botschaft im damaligen Konstantinopel eröffnet. 12 Preußisch-deutsche Muslime kämpften in den Feldzügen Friedrich des Großen und in der Schlacht bei Preußisch Eylau am 7. und 8. Februar 1807 in den „Befreiungskriegen“ gegen Napoleons Armee. Der erste islamische Grundbesitz auf deutschem Boden war der „Türkische Friedhof“ in Berlin. Als am 29. Oktober 1798 der türkische Gesandte und Botschafter am Berliner Hof, Ali-Aziz-Effendi starb, erwarb König Friedrich Wilhelm lll. vom Grafen Podewils ein Gelände in der Hasenheide in Berlin, das als Gräberfeld dienen sollte. Eigentümer dieses Friedhofes war von Anfang an das Osmanische Reich. Der Bau der Kaserne des Kaiser-Franz-Garde-Grenadier-Regiments Nr. 2 erforderte im Jahre 1866 eine Verlegung des Begräbnisplatzes. Seither befindet sich der „Türkische Friedhof“ gegenüber dem „Dennewitz-Friedhof“ am Columbiadamm. Inmitten des Gräberfeldes erhebt sich eine kulturhistorisch wertvolle Türbe: eine acht Meter hohe halbmondgekrönte Gedenksäule, ein Geschenk des Sultankalifen Abdul Hamid ll. Khan.

Im 1. Weltkrieg war das Osmanische Reich Verbündeter des deutschen Kaiserreiches. Sultan-Kalif des Osmanischen Reiches forderte die Muslime, die als Soldaten aus den Kolonien auf Seiten Englands und Frankreichs kämpften, zum Dschihad, zum Heiligen Krieg, gegen ihre Kolonialherren auf und forderte sie auf, zu desertieren und auf die islamische Seite zu wechseln. Deutschland beteiligte sich mit der Nachrichtenstelle für den Orient an diesem Versuch, indem es das „Halbmondlager“ und ein vergleichbares Lager im nahe Berlin gelegenen Ort Zossen einrichtete. Hier sollten die Gefangenen zum Überlaufen und zum Kampf gegen ihre Kolonialherren bewegt werden. Wichtigstes Instrument zur Überzeugung der islamischen Gefangenen war die Förderung der Ausübung islamischer Praktiken in diesen Lagern. So wurde etwa der Ramadan geachtet, indem zu dieser Zeit die Verpflegungsrationen erst nach Sonnenuntergang ausgegeben wurden. Am 13. Juli 1915 wurde zudem im Halbmondlager auf Wunsch des Muftis von Istanbul die wahrscheinlich erste zur Religionsausübung gedachte Moschee auf deutschem Boden eingeweiht. 13 Nach dem Ersten Weltkrieg blieb eine Reihe muslimischer Exilanten und Flüchtlinge vornehmlich in Berlin. Wegen Einsturzgefahr wurde die aus Holz gebaute „Berliner Moschee“ 1924 geschlossen und 1925/26 abgerissen. 14 Die neue erbaute Moschee wurde am 23.3.1928 offiziell eingeweiht.

In der Folgezeit kam es zu weiteren Versuchen, das muslimische Leben in Deutschland zu stärken. Im Jahre 1918 wurde der „Verein zur Unterstützung russisch-mohammedanischer Studenten e.V.“ und der „Hilfsverein in Deutschland lebender Mohammedaner e.V.“ gegründet. Im Jahr 1922 schlossen sich die in Berlin lebenden Angehörigen des Islam, vornehmlich Ahmadiyya-Anhänger, zur „Islamischen Gemeinde Berlin e.V.“ zusammen. Als ihr Gründer gilt der indische Imam Maulana Sadr ud-Din, welcher 1939 die erste deutsche Koranübersetzung aus muslimischer Hand anfertigte. Vornehmlich aus den Ländern Ost- und Südosteuropas zogen islamische Studenten, Akademiker und Intellektuelle zur Zeit der Weimarer Republik nach Deutschland, wodurch die Zahl der Gemeindemitglieder anstieg. Seinerzeit lebten in Deutschland etwa tausend Muslime, darunter 300 deutsche Konvertiten. Die Gemeinde publizierte im Zeitraum von 1924 bis 1940 die Zeitschrift Moslemische Revue.

Am 31. Oktober 1932 gründete sich der Verein Islamischer Weltkongress/Zweigstelle Berlin. Dieser Verein schuf mit einem „Islam-Kolloquium“ die erste moslemische Bildungseinrichtung auf deutschem Boden, welches heute zum Zentralinstitut Islam-Archiv Deutschland gehört.

Zur Zeit der NS-Herrschaft wurden die Muslime in Deutschland durch die Nürnberger „Rassegesetze“ verfolgt. In einem Brief der Reichsleitung der NSDAP vom 13. April 1937 an den Polizeipräsidenten in Berlin hieß es: „In der oben bezeichneten Angelegenheit teilen wir ihnen mit, daß sich die Gesellschaft (Deutsch-Muslimische Gesellschaft, M.L.) aus Angehörigen der verschiedensten Rassen und Völker zusammensetzt. Die Zusammenkünfte finden meist in zwangloser Form statt. Besucher sollen vor allem Professoren, ehemalige Offiziere usw. sein. Bei diesen Zusammenkünften sollen, sofern die Teilnehmer glauben unter sich zu sein, abfällige Bemerkungen über den Nationalsozialismus und seine Führer gemacht werden. Es handelt sich bei der Gesellschaft mehr oder weniger um einen Unterschlupf für reaktionäre Elemente. Im übrigen gehören mehrere Juden zur Gesellschaft. Die Gesellschaft war insbesondere in den Jahren 1933/34 Unterschlupf und Absteigequartier für Kurfürstendammjuden. Gegen das Weiterbestehen der oben bezeichneten Gesellschaft bestehen demzufolge hier erhebliche Bedenken, sowohl in formaler als auch in weltanschaulich-politischer Hinsicht. (…) Heil Hitler!“ 15

Aufgrund der rassistischen Gesetze war ihnen der sexuelle Verkehr mit „Ariern“ verboten und es wurden Zwangssterilisierungen vorgenommen. Im Vergleich zu Juden und Sinti und Roma waren Muslime nicht systematischer Verfolgung ausgesetzt. Es gab jedoch in allen Konzentrationslagern auch arabische und muslimische Häftlinge, die genaue Anzahl von ihnen ist allerdings nicht bekannt. 16 Der Nationalsozialismus rekrutierte muslimische Regimenter, zum Beispiel die bosniakische Waffen-Gebirgs-Division-SS Handschar. SS-Führer Heinrich Himmler schwärmte von einer angeblichen „weltanschaulichen Verbundenheit“ zwischen Nationalsozialismus und Islam.

Ab 1955 kam es zur Zuwanderung auch von muslimischen Arbeitskräften, bedingt durch Anwerbeabkommen mit muslimischen Staaten und den anschließenden dauerhaften Aufenthalt mit Familienzusammenführung. Dadurch wurde die Zahl der in Deutschland lebenden Muslimen deutlich gesteigert. 1961 wurde ein Abkommen mit der Türkei über Anwerbung von Arbeitsmigranten bis zum Jahre 1973 betrieben. Weitere Anwerbeverträge wurden geschlossen, 1960 mit Griechenland und Spanien, 1961 mit der Türkei, 1963 mit Marokko, 1964 mit Portugal, 1965 mit Tunesien und 1968 mit Jugoslawien. Die BRD war nicht durchgängig als einziges an der Entsendung von Gastarbeitern interessiert – vielfach machten auch die Entsendeländer selbst Druck auf die dortigen Behörden, Arbeitsmigranten aufzunehmen. Dies betraf vor allem die Türkei. Der damalige Legationsrat Ercin von der türkischen Botschaft übermittelte 1960 den Wunsch seiner Regierung nach Abschluss einer Wanderungsvereinbarung. Eine deutsche Ablehnung würde von seiner Regierung als eine „Zurücksetzung“ des NATO-Mitglieds Türkei besonders gegenüber Griechenland betrachtet werden. 17 Der ehemalige Leiter des Zentrums für Türkeistudien, Faruk Sen, schrieb: „Sowohl Anfang der sechziger Jahre als auch zu Beginn der siebziger Jahre war die Türkei darauf angewiesen, Arbeitskräfte ins Ausland zu schicken, da sie nur auf diese Weise die Arbeitslosigkeit im Land reduzieren und mit Hilfe der regelmäßigen Gastarbeiterüberweisungen ihr hohes Außenhandelsdefizit ausgleichen konnte.“ 18 Das deutsche Bundesinnenministerium legte seinerseits Wert darauf, in der Anwerbevereinbarung die Aufenthaltsgenehmigungen jeweils auf maximal zwei Jahre zu beschränken. Es solle „deutlich gemacht werden, daß eine Dauerbeschäftigung türkischer Arbeitnehmer im Bundesgebiet und eine Einwanderung, auf die auch von der Türkei kein Wert gelegt wird, nicht vorgesehen sind.“ 19 Dieses Modell stellte sich in der Praxis aber aus Arbeitgebersicht als zu kontraproduktiv heraus. Kostspielig angelernte Arbeitskräfte verließen den Betrieb schon nach zwei Jahren. Sie forderten Weiterbeschäftigung, die Politik kam dieser Forderung nach.

Nach dieser bis Anfang der 1970er dauernden Zuwanderung von Arbeitsmigranten in die BRD kamen hauptsächlich Flüchtlinge und Asyl suchende Muslime aus der Türkei, dem Libanon, Iran, Afghanistan, Bosnien-Herzegowina, dem Kosovo und dem Irak nach Deutschland. Außerdem stieg die Zahl der Studenten und Akademiker aus arabischen Staaten an, die sich beruflich hauptsächlich in deutschen Großstädten niederließen.

Heute leben schätzungsweise über 4 Millionen Muslime in Deutschland, das entspricht etwa 5 Prozent der Bevölkerung. 20 Sunitische, schiitische und alewitische Anschauungen des Islams sind dort am verbreitetsten. Nach der aktuellen Einwanderungsbewegung dürfte diese Zahl noch einmal steigen. Pauschalisierte negative Ansichten im Sinne einer Bedrohung für die autochthone Mehrheitsgesellschaft sind gegenüber diesen Flüchtlingen fehl am Platze. Migrationsbewegungen aus muslimischen Ländern in westliche Welt und umgekehrt verbunden mit einem gegenseitigen Austausch gab es schon immer. In der Zeit der Globalisierung ist der homo migrans Normalität geworden. Auch in Zukunft wird Migration ein alltäglicher Prozess sein; künstliche Grenzen in der „Festung Europa“ können keine dauerhafte Lösung darstellen. Im Augenblick geht es darum, allen Flüchtlingen, natürlich auch den Muslimen unter ihnen, vorurteilsfrei zu helfen und sie in die längst bestehende interkulturelle Gesellschaft in der BRD zu integrieren.

  1. Vgl. dazu Kornexl, K.: Das Weltbild der intellektuellen Rechten in der Bundesrepublik Deutschland. Dargestellt am Beispiel der Wochenzeitschrift Junge Freiheit, München 2008, S. 533f
  2. Carl Schmitt stellte fest: „Die spezifische politische Unterscheidung, auf welche sich die politischen Handlungen und Motive zurückführen lassen, ist die Unterscheidung zwischen Freund und Feind.“ (Schmitt, C.: Der Begriff des Politischen, Berlin 1963, S 26) Schmitt beschreibt in existentialistischer Weise die Freund-Feind-Gruppierungen. Der politische Feind ist derjenige, der durch sein bloßes Dasein für jemanden zur Gefahr wird.
  3. Bozay, K.: Kulturkampf von rechts – Das Dilemma der Kölner Moscheedebatte, in Häusler, A. (Hrsg.): Rechtspopulismus als „Bürgerbewegung“. Kampagnen gegen Islam und Moschee und kommunale Gegenstrategien, Wiesbaden 2008, S. 198-212, hier S. 198
  4. www.pro-koeln-online/artikel6/islamisierung.htm
  5. Flugblatt von Pro Köln zur Kommunalwahl am 26.9.2004
  6. Vgl. dazu Böhm, P.: Auf dem gesellschaftlichen Parkett angekommen, in Sommerfeld, F. Der Moscheestreit. Eine exemplarische Debatte um Einwanderung und Integration, Köln 2008, S. 153-160, hier S. 155
  7. Lausberg, M.: Die Pro-Bewegung. Geschichte, Inhalte, Strategien der „Bürgerbewegung Pro Köln“ und der „Bürgerbewegung Pro NRW“, Münster 2010, S. 70
  8. Heubach, M.: Das Frühmittelalter, Köln 1993, S. 124
  9. Vgl. Abdullah, M. S.: Geschichte des Islams in Deutschland, Graz-Wien-Köln 1981, S. 32ff
  10. Kappert, P./Haerkötter, R./Böer, I.: Türken in Berlin 1871 – 1945, Berlin 2002, S. 45
  11. Zitiert aus Tworuschka, M.: Grundwissen Islam. Religion, Politik, Gesellschaft, Münster 2003, S. 166
  12. Genske, K.: Geschichte Berlins, Berlin 1991, S. 253
  13. Höpp, G.: Der verdrängte Diskurs. Arabische Opfer des Nationalsozialismus. In: Gerhard Höpp, Peter Wien und René Wildangel (Hrsg.): Blind für die Geschichte? Arabische Begegnungen mit dem Nationalsozialismus. (ZMO-Studien; 19) Berlin 2004: 215-268, hier S. 218
  14. Berliner Zeitung vom 30.8.2001
  15. Zitiert aus www.enfal.de/grund12.htm
  16. Höpp, G.: Der verdrängte Diskurs. Arabische Opfer des Nationalsozialismus. In: Gerhard Höpp, Peter Wien und René Wildangel (Hrsg.): Blind für die Geschichte? Arabische Begegnungen mit dem Nationalsozialismus. (ZMO-Studien; 19) Berlin 2004: 215-268.
  17. Steinert, Johannes-Dieter: Migration und Politik. Westdeutschland – Europa – Übersee 1945-1961. Osnabrück 1995, S. 307
  18. Şen, F.: Türkische Arbeitnehmergesellschaften – Gründung, Struktur und wirtschaftliche Funktion der türkischen Arbeitnehmergesellschaften für die sozioökonomische Lage in der Türkei, Frankfurt/Main 1980, S. 33 ff.). Vgl. dazu auch Heike Knortz „Diplomatische Tauschgeschäfte: Gastarbeiter in der westdeutschen Diplomatie und Beschäftigungspolitik 1953-1973“, Köln 2008
  19. Zit. Nach Eryilmaz, A./Jamin, M. (Hrsg.): „Fremde Heimat – Yaban, Silan olur. Eine Geschichte der Einwanderung aus der Türkei“, Essen 1998 S. 73
  20. Muslimfeindlichkeit-Phänomen und Gegenstrategien.Beiträge der Fachtagung der Deutschen Islam Konferenz am 4. und 5. Dezember 2012 in Berlin. Tagungsband, Bundesministerium des Innern im Auftrag der Deutschen Islam Konferenz, Berlin 2012, S. 39