Merkel

Grundrecht auf Asyl kennt keine Obergrenze

Bundeskanzlerin Merkel lehnt eine Begrenzung der Flüchtlingsaufnahme ab. Wie eine Umfrage zeigt, lässt die Zahl der bisher eingewanderten Flüchtlinge die Bevölkerung ohnehin kalt. Nur die CSU kann sich mit diesem Gedanken nicht anfreunden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt es ab, die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland zu begrenzen. „Das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte kennt keine Obergrenze“, sagte sie. Wie aus einer Umfrage hervorgeht, sieht die Mehrheit der Deutschen ihren Alltag von der steigenden Zahl Asylsuchender kaum beeinflusst. Scharfe Kritik am Kurs der Bundeskanzlerin äußerte unterdessen der ehemalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).

Der CSU-Politiker nannte es in der Passauer Neuen Presse „eine beispiellose politische Fehlleistung“, aus Ungarn kommende Flüchtlinge unkontrolliert ins Land zu lassen. Das werde „verheerende Spätfolgen“ haben. Es sei „völlig unverantwortlich, dass jetzt Zigtausende unkontrolliert und unregistriert ins Land strömen und man nur unzuverlässig genau abschätzen kann, wie viele davon Isis-Kämpfer oder islamistische Schläfer sind“.

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Innenministerium weißt CSU-Kritik zurück

Das wiederum stieß auf Kritik von Seiten des Bundesinnenministeriums. Ein Sprecher warnte vor übertriebener Panik. Es sei nicht hilfreich, einen Generalverdacht zu äußern gegen Menschen, die aus Angst und Furcht ihre Heimat verlassen hätten. Der Sprecher betonte, die Sicherheitsbehörden hätten die Situation sorgfältig im Auge. Es gebe „immer mal wieder“ Hinweise auf mutmaßliche Terroraktivitäten, denen dann auch nachgegangen würde. Bislang habe sich aber keiner dieser Hinweise bewahrheitet.

Merkel indes forderte mehr Flexibilität bei der Integration von Flüchtlingen. An einigen Stellen müsse von den üblichen Anforderungen abgerückt werden, „um etwa genügend Deutschlehrer für Flüchtlinge zu bekommen“, sagte sie der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post: „Wir müssen improvisieren, vielleicht pensionierte Lehrer und Erzieher reaktivieren oder Studierende einsetzen.“ Menschen dürften nicht unversorgt bleiben, „weil Lehrer noch nicht die allerhöchste Qualifikation haben“.

Merkel gegen Soli-Umwidmung

Skeptisch äußerte sich Merkel zum Vorschlag des thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke), den Solidaritätszuschlag zur Deckung der Flüchtlingskosten umzuwidmen. „Steuern nur für einen einzigen ganz bestimmten Zweck zu erheben, ist nicht möglich“, sagte sie. Die Haushaltslage ermögliche es aber, die für die Flüchtlingsunterbringung notwendigen Mittel aufzubringen.

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) will auch Flüchtlinge für die Flüchtlingshilfe mobilisieren. „Wir wollen Freiwilligendienst für Flüchtlinge, aber auch Freiwilligendienst von Flüchtlingen“, sagte sie der Neuen Osnabrücker Zeitung: „Menschen, die zu uns kommen, die als Asylbewerber anerkannt sind und eine Arbeitserlaubnis haben, sollten auch Freiwilligendienst machen können.“ Das sei ein wichtiger Beitrag zur Integration.

Mehr Mittel für Freiwilligendienst

Die Mittel für den Bundesfreiwilligendienst will die Bundesregierung in einem Sonderprogramm von Januar 2016 an deutlich aufstocken, so dass 10.000 zusätzliche Helfer eingesetzt werden können. Das sei eine erhebliche Steigerung um fast ein Drittel, sagte Schwesig. Zurzeit gibt es nach ihren Angaben 35.000 Aktive im Bundesfreiwilligendienst. Das Sonderprogramm sei vor allem für Flüchtlinge bestimmt.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte unterdessen Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) auf, das Personal im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge schnell aufzustocken. Bisher komme das Amt weder mit der Bearbeitung unerledigter Asylverfahren noch mit der Annahme neuer Asylanträge hinterher, sagte sie der Neuen Osnabrücker Zeitung. De Maizière habe die „engagierten Mitarbeiter“ des Bundesamtes alleingelassen, kritisierte die Grünen-Politikerin. Merkel müsse den Minister „dazu verdonnern, endlich seinen Job zu machen“.

Deutsche unbeeindruckt

Die Ankunft Hunderttausender Flüchtlinge in diesem Jahr berührt einer Umfrage zufolge bisher kaum den Alltag der allermeisten Deutschen. Vier von fünf Bürgern (81 Prozent) sagen, dass sich ihr alltägliches Leben durch die Flüchtlinge gar nicht verändert habe, wie aus der am Freitag in Köln veröffentlichten ARD-Umfrage hervorgeht. Geringfügige Veränderungen gibt es bei 17 Prozent der Befragten. Zwei Prozent geben an, dass sich ihr Alltag durch den Flüchtlingszuzug deutlich verändert.

Die Umfrage ergab auch, dass die meisten Deutschen weiterhin keine Angst vor zu vielen Flüchtlingen haben: 61 Prozent empfinden die Zahl der nach Deutschland kommenden Asylbewerber nicht als Bedrohung. Das Institut Infratest dimap befragte für den Deutschlandtrend im ARD-Morgenmagazin von Montag bis Mittwoch 1.021 Bundesbürger. (epd/mig)