Ungarn

Dublin-Abkommen angesichts der Flüchtlingszahlen unhaltbar

Ungarn will Flüchtlinge an einer Weiterreise nach Deutschland nicht hindern. Dies laufe zwar dem Dublin-Abkommen zuwider, angesichts der Flüchtlingszahlen sei das System aber nicht mehr haltbar, erklärte ein ungarischer Regierungssprecher. München und Berlin bereiten sich auf neue Flüchtlinge vor.

Die ungarische Regierung will fortan wieder alle ankommenden Flüchtlinge in ihrem Land nach den Vorgaben des Schengen-Raums registrieren. Der stellvertretende Staatssekretär für bilaterale EU-Beziehungen in der ungarischen Regierung, Gergely Pröhle, sagte dem österreichischen Radiosender OE1, nur mit der Wiederaufnahme der Registrierung könne man Ausnahmezustände wie in den vergangenen Tagen an den Budapester Bahnhöfen verhindern.

Gleichzeitig werde sich Ungarn jedoch weigern, die registrierten Flüchtlinge an der Weiterreise nach Österreich oder Deutschland zu hindern, sagte Pröhle. Die Asylsuchenden dürften „natürlich weiterfahren“, wohin sie wollten. In ihren Zielländern müsse dann entschieden werden, ob sie „längerfristig ein Bleiberecht bekommen oder nicht“, sagte er. Dies laufe zwar dem Dublin-Abkommen zuwider. Jedoch sei die „Unhaltbarkeit des Systems bei diesen Menschenmassen“ mittlerweile in der ungarischen Regierung „allgemein akzeptiert“.

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Ungarn sieht sich schon mit der Registrierung der Tausenden Flüchtlinge aus Bürgerkriegsgebieten wie Syrien oder Irak mehr als ausgelastet. Daher lehne sein Land auch die von der EU-Kommission vorgeschlagene Quotenregelung für eine Verteilung von Flüchtlingen in der Europäischen Union ab. „Wir sind davon überzeugt, dass die Entscheidung, wer sich länger auf dem Territorium eines Staates aufhalten darf, nicht in die Zuständigkeit der EU, sondern in die eines jeden einzelnen Landes gehört“, sagte der stellvertretende Staatssekretär Pröhle.

München ist bereit
Diesen Worten ließ Ungarn am Donnerstag Taten folgen und öffnete den Bahnhof in Budapest wieder für Flüchtlinge. „Die Behörden sind im Stand-by-Modus“, sagte ein Sprecher der Bundespolizei am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst im Hinblick auf den Münchener Bahnhof. Eine Prognose, ob tatsächlich wieder so viele Flüchtlinge ankommen wie Anfang der Woche, könne man aber nicht abgeben. Man wisse nicht, ob auch Österreich die Flüchtlinge ohne Registrierung weiterreisen lasse.

In München sei man jedenfalls „bestens vorbereitet“, sagte der Sprecher weiter. Die Polizei sei mit Unterstützungskräften am Hauptbahnhof. Auch die medizinischen Kräfte sowie Vertreter der Regierung von Oberbayern und der Stadt München seien gerüstet für den Fall, erneut eine große Zahl von Flüchtlingen zu versorgen und in Unterkünfte in ganz Bayern zu bringen.

Außerdem seien immer noch freiwillige Helfer am Hauptbahnhof, die sich um die Spenden wie Getränke, Essen und Hygiene-Artikel kümmerten, sagte der Polizeisprecher. Sollten wieder Tausende Flüchtlinge ankommen wie am Montag und Dienstag, gebe es auch wieder einen Aufruf an weitere freiwillige Helfer.

Berlin bereitet sich vor
Auch Berlin bereitet sich auf die Ankunft von Flüchtlingen vor. „Wir gehen davon aus, dass jetzt noch einmal deutlich mehr Flüchtlinge nach Berlin kommen, als bislang erwartet“, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Mittwoch in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Aktuellen Zahlen zufolge seien derzeit etwa 14.000 Menschen auf der Balkanroute Richtung Deutschland unterwegs.

Möglicherweise würden in den nächsten Tagen auch Züge mit Flüchtlingen direkt über Dresden nach Berlin fahren, so Müller. Erstmals sollen Flüchtlinge in Berlin nun auch in einem Zeltlager untergebracht werden. Der Regierende Bürgermeister verwies darauf, dass in Berlin allein im Monat August 5.300 Flüchtlinge neu angekommen waren.

Am Münchner Hauptbahnhof waren am Montag und Dienstag mehr als 3.000 Flüchtlinge angekommen. Sie waren über Ungarn und Österreich eingereist. Die ungarischen Behörden hatten die Flüchtlinge nicht mehr registriert und sie ungehindert nach Österreich und Deutschland weiterreisen lassen. (epd/mig)