Rund drei Monate nach dem Brandanschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Tröglitz bleibt die Stimmung in der Gemeinde in Sachsen-Anhalt weiter angespannt. Der nach Bedrohungen von Rechtsextremisten Ende März zurückgetretene Bürgermeister Markus Nierth (parteilos) sagte der Süddeutschen Zeitung, Asylgegner würden sich weiter treffen und stänkern.
„Wir bekommen auch noch, sagen wir es mal so, üble Briefe. Und die schweigende breite Mitte schweigt immer noch“, berichtete Nierth. Dies habe zur Folge, dass „die Rechten“ momentan die moralischen und politischen Grenzen bestimmten und die Masse vor sich herschiebe: „Das ist eine Gefahr“, sagte Nierth.
Aus den vergangenen Monaten habe er gelernt, dass nicht mehr „so schläfrig auf rechte Tendenzen“ reagiert werden dürfe. „Es ist dringend nötig, dass wir Stellung beziehen. Wer sich nicht positioniert, der hat den Rechten schon Raum gegeben“, sagte Nierth.
Zur Lage vor Ort sagte der Theologe, „die Stimmung hat sich inzwischen ein wenig beruhigt, aber manche grüßen nicht mehr auf der Straße“. Seine Bilanz: „Die Wenigen, die sich gegen den Hass gewehrt haben, wurden ins Visier genommen. Aber jene, die durch rassistische Hetze im Umfeld der Demonstrationen alles angestachelt haben, und dies weiter tun, werden aus Feigheit oder innerer Übereinstimmung in Ruhe gelassen“, sagte Nierth. Ein Teil der breiten, schweigenden Mitte, „auf die wir gewartet haben, positionierte sich schließlich doch – und zwar gegen uns“, fügte Nierth hinzu.
Tröglitz war in den vergangenen Monaten mehrfach im Zusammenhang mit Fremdenfeindlichkeit in die Schlagzeilen geraten. Ende März war der ehrenamtliche Bürgermeister Nierth aufgrund von Anfeindungen durch Rechtsextreme von seinem Amt zurückgetreten. Anfang April war zudem ein Brandanschlag auf eine geplante Asylbewerberunterkunft verübt worden. Seit vier Wochen leben in dem Ort nun drei Flüchtlingsfamilien aus Afghanistan und Indien in zwei angemieteten Privatwohnungen. (epd/mig)