Chance vertan

Berlin kneift bei Bleiberecht für Azubis mit Duldung

Die Idee klang gut: Junge Flüchtlinge sollten bis zum Ende ihrer Ausbildung nicht abgeschoben werden. Das Ergebnis ist ernüchternd: Diese Jugendliche sollen nur eine Duldung bekommen und keinen Aufenthaltstitel. Erste Kritik kommt aus Rheinland-Pflalz, die initiatoren dieser Idee.

Der Innenausschusses des Bundestags hat es verworfen, Menschen mit einer Duldung, die entweder in Ausbildung sind oder die eine Ausbildungszusage haben, eine Aufenthaltserlaubnis für die gesamte Dauer der Lehrzeit zu erteilen. Im Rahmen des geplanten Ausweisungspakets der Bundesregierung hat sich der Ausschuss für eine Duldungsregelung ausgesprochen, die bereits nach heute geltendem Recht realisierbar ist.

Die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Irene Alt und Wirtschaftsministerin Eveline Lemke kritisieren diesen Beschluss: „Einmal mehr zeigt sich: Anstatt den großen Sprung zu wagen, der mit Blick auf die Integration der Flüchtlinge und den Fachkräftemangel dringend nötig ist, beschränkt sich Berlin weiterhin auf Trippelschritte.“

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Rheinland-Pfalz hatte im Februar 2015 eine Bundesratsinitiative gestartet, damit Menschen mit einer Duldung in Ausbildung oder mit einer Ausbildungszusage für die gesamte Dauer der Lehre eine Aufenthaltserlaubnis bekommen. „Der Ausschuss hat hier die Chance vertan, durch eine pragmatische Lösung Arbeitgebern und Auszubildenden endlich Sicherheit zu geben“, erklärte Alt. Wenn man junge Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integrieren wolle, müsse man ihnen und ihren Ausbildungsbetrieben garantieren, dass die Jugendlichen mindestens bis zum Ende ihrer Ausbildung in Deutschland bleiben dürfen.

Mit einer Duldung ist das nur bedingt gegeben. Denn die Duldung beschinigt lediglich, dass die Abschiebung vorerst nicht vollzogen werden kann, der Inhaber Deutschland aber eigentlich verlassen muss, sobald die Hinderungsgründe nicht mehr vorliegen. Junge Menschen mit Duldung haben es daher schwer, überhaupt einen Ausbildungsplatz zu finden.

„Offenbar haben die Bundestagsfraktionen der Großen Koalition in Berlin nicht verstanden, was der Fachkräftemangel bedeutet. Das ist auch ein Schlag ins Gesicht der Wirtschaft. Es gibt zahlreiche Branchen die dringend Nachwuchs suchen. Gleichzeitig haben wir junge Menschen im Land, die in Not zu uns gekommen sind und gerne einen Beruf erlernen möchten. Es wäre eine Frage des gesunden Menschenverstandes gewesen, Angebot und Nachfrage hier sinnvoll zusammenzuführen“, ergänzte Lemke. Stattdessen habe der Abschottungsgedanke, der besonders in der Union zuhause sei, offenbar einmal mehr die Oberhand gewonnen. (hs)