Trauma-Experten

Zu wenig Therapeuten für Flüchtlinge

30-40 Prozent der Flüchtlinge, die es nach Deutschland schaffen, haben traumatische Erlebnisse. Es gibt aber zu wenige Psychotherapeuten. Die Anfrage übersteigt die vorhandenen Ressourcen bei Weitem, warnen Beratungs- und Behandlungszentren.

In Deutschland fehlen nach den Worten von Experten Psychotherapeuten, die traumatisierte Flüchtlinge behandeln können. „Wir brauchen dringend mehr qualifizierte niedergelassene Therapeuten mit einer Kassenzulassung“, sagt Marc Millies vom Bremer Beratungs- und Behandlungszentrum für Flüchtlinge und Folteropfer „Refugio“. Sie müssten ausreichende Sprach- und Trauma-Erfahrungen haben. „Die Zahl der Anfragen übersteigt die Hilfe, die wir anbieten können“, so der „Refugio“-Sprecher.

Der Bedarf steige mit der Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland kämen. „30 bis 40 Prozent von ihnen haben traumatische Erlebnisse, auch wenn nicht alle daran erkrankt sind.“ Doch viele seien so belastet, dass sie unterschiedliche Formen der Beratung bräuchten.

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„Traumata können mit Fluchtgründen wie Haft, Folter und Krieg, mit den Erlebnissen während der Flucht und mit der unklaren Situation im Aufnahmeland zusammenhängen“, sagt Millies. Auch wenn die Flüchtlinge in Deutschland angekommen seien, sei noch nicht klar, wann sie hier zur Ruhe kommen könnten: „Das belastet zusätzlich.“

Positiv bewertet Millies eine Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes, nach der Flüchtlinge seit Anfang März eine Versichertenkarte der Krankenkasse bekommen, wenn sie länger als 15 Monate in Deutschland sind. Bei der Versorgung von Flüchtlingen in einigen psychosozialen Zentren träten damit aber neue Probleme auf, wenn die Einrichtungen keine Zulassung bei den Kassen hätten.

Viele Zentren in Deutschland rechnen zunächst ihre Leistungen über die zuständigen Sozialämter ab. Diese Möglichkeit fällt mit der Novelle nach 15 Monaten weg. „In der Praxis führt dies dazu, dass Psychotherapien in den Zentren nur noch in Ausnahmefällen über einen gesetzlichen Leistungsträger refinanziert werden können“, kritisiert Elise Bittenbinder, Vorsitzende der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren. Sie setzt sich dafür ein, die Arbeit der Zentren durch öffentliche Zuschüsse abzusichern. (epd/mig)