Experte krtisiert Geheimdienste

Terrorwarnungen bestärken Angst vor Muslimen

Die sich häufenden Warnungen der Sicherheitsbehörden vor „islamistischen“ Anschlägen bestärken die ohnehin vorhandenen Angstgefühle. Maßnahmen zur Inneren Sicherheit sollten immer wieder kritisch hinterfragt werden, fordert der Hamburger Politikwissenschaftlers Kraushaar.

Die sich häufenden Warnungen der Sicherheitsbehörden vor islamistischen Anschlägen wirken sich nach Ansicht des Hamburger Politikwissenschaftlers Wolfgang Kraushaar höchst unterschiedlich auf die Gesellschaft aus. Bei einigen Menschen komme es zu Gewöhnungseffekten und damit möglicherweise „zu einem mangelnden Ernstnehmen“ der Hinweise, sagte Kraushaar dem Evangelischen Pressedienst. Andere würden in ohnehin vorhandenen Angstgefühle bestärkt. „Wie das quantitative Verhältnis zwischen beiden Gruppen ausschaut, können nur Meinungsumfragen genauer klären.“

Mit Blick auf wachsende Vorbehalte gegenüber Muslimen und Ausländern sieht der Experte bereits jetzt negative Folgen der Terrorwarnungen. Auch hier scheine die Gesellschaft gespalten zu sein. Auf der einen Seite gebe es „eine geradezu phobische Haltung“ gegenüber Flüchtlingen und Angehörigen muslimischen Glaubens. Gleichzeitig sei eine zivilgesellschaftliche Mehrheit dazu bereit, „auf die Straße zu gehen, sich für bedrohte Minderheiten einzusetzen und gegen Pegida und andere zu protestieren“.

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Seit Jahresbeginn hatten sich in drei deutschen Städten Warnungen vor gewaltbereiten Islamisten gravierend auf das öffentliche Leben ausgewirkt. Mitte Januar waren in Dresden alle öffentlichen Versammlungen verboten worden, weil eine Gefahr im Zusammenhang mit den Demonstrationen der islamkritischen „Pegida“-Bewegung angenommen wurde. In Braunschweig wurde vor zwei Wochen der größte Karnevalsumzug Norddeutschlands abgesagt. Zuletzt gab es am Wochenende in Bremen nach einer Anschlagswarnung einen großen Polizeieinsatz.

Immer kritisch hinterfragen
Zwar sei Deutschland in den vergangenen Jahren von Terrorattacken verschont geblieben, betonte Kraushaar. Dennoch mache das mit der Ausbreitung des „Islamischen Staates“ in Syrien und im Irak unzweifelhaft gestiegene Bedrohungspotenzial zusätzliche und strengere Sicherheitsanforderungen als bisher erforderlich. Ob diese gerechtfertigt seien, lasse sich nicht mit einer „Patentformel“ beantworten.

Wichtig sei vielmehr, Maßnahmen zur Inneren Sicherheit immer wieder kritisch zu hinterfragen. Freiheitsrechte und Sicherheitserfordernisse müssten gegeneinander abgewogen werden. Dabei gebe es Unterschiede zum Terror der Roten Armee Fraktion (RAF) in den 70er und 80er Jahren. Während sich die RAF-Anschläge nicht gegen die Bevölkerung im Allgemeinen gerichtet hätten, nehme der islamistische Terror keine Rücksicht auf die Allgemeinheit. Früher seien die Vertreter staatlicher und wirtschaftlicher Eliten samt ihres Sicherungsapparates betroffen gewesen, heute könne es potenziell jeden treffen, unterstrich Kraushaar. (epd/mig)