Kirchen warnen vor Stimmungsmache

Muslime planen Kundgebung gegen Terror

Nach dem blutigen Anschlag auf die französische Satire-Zeitschrift „Charlie Hebdo“ haben die Kirchen dazu aufgerufen, für Freiheit und eine offene Gesellschaft einzutreten. Zugleich warnten sie davor, Hass gegen Muslime zu schüren. Islamische Religionsgemeinschaften distanzierten sich von dem Attentat und planen eine Kundgebung gegen den Terror.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) verurteilte den Anschlag als „abscheuliches Verbrechen“. Er sei zutiefst betroffen über den menschenverachtenden Angriff, sagte der stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende Jochen Bohl dem epd. Das Verbrechen, bei dem am Mittwoch zwölf Menschen getötet wurden, sei durch nichts zu rechtfertigen, erst recht nicht im Namen irgendeiner Religion. Die Saat des Hasses dürfe jetzt nicht aufgehen, sagte Bohl.

Papst Franziskus rief dazu auf, „sich mit allen Mitteln der Verbreitung des Hasses und jeder Form von Gewalt zu widersetzen“. Das Leben und die Würde aller Menschen verdienten entschiedenen Schutz.. Statt Hass zu schüren gelte es, den Respekt des jeweils anderen zu pflegen. Kurienkardinal Walter Kasper bezeichnete den Anschlag als „Attentat gegen die gesamte Menschheit“. „Gerade diese unmenschliche Tat sagt uns, dass wir den Dialog mit den vielen moderaten Muslimen fortsetzen müssen“, sagte Kasper der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“.

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Die Protestanten in Frankreich reagierten mit Entsetzen und Empörung auf den blutigen Terroranschlag. Die Ermordung von zwölf Menschen sei „eine verabscheuenswürdige Tat, die unsere Herzen und unser Gewissen berührt“, erklärte die Föderation der Protestanten am Donnerstag in Paris. Für eine solche Tat gebe es keine Rechtfertigung. Die laizistische Republik und ihre Werte, besonders die Gewissensfreiheit, die Demokratie und die Pressefreiheit, blieben die Grundlagen der französischen Gesellschaft.

Der Landesbischof der evangelischen Nordkirche, Gerhard Ulrich, verurteilte den Terrorangriff als „feigen Mordanschlag“. Ulrich rief am Donnerstag in Schwerin dazu auf, an der Seite der Muslime zu stehen, die sich für ein friedliches Miteinander engagieren.

Der rheinische Präses Manfred Rekowski warnte davor, Muslime oder den Islam für den Terroranschlag von Paris verantwortlich zu machen. Wer aufgrund des Attentates Muslime ausgrenze, gebe den Attentätern nachträglich Recht und verleugne die plurale Gesellschaft, schrieb der leitende Theologe der Evangelischen Kirche im Rheinland in seinem Blog. Die Attentäter hätten nicht im Namen des Islams gehandelt. Keine Religion dürfe missbraucht werden, um Gewalt zu rechtfertigen, mahnte Rekowski.

Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung appellierte an alle Demokraten, gegen den Terror zusammenzustehen. Auch Christen müssten dazu beitragen, dass „Freiheit – und dazu gehört ganz elementar die Pressefreiheit – Offenheit und Vielfalt als elementare Werte unserer Gesellschaft bewusstgemacht und gelebt werden“, sagte der Theologe in Darmstadt. Er wünsche sich, dass sie dafür eintreten, Muslime vor Pauschalverdächtigungen zu schützen.

Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister äußerte sich schockiert über den „brutalen Anschlag auf die freie Meinungsäußerung“. Es sei gut, dass muslimische Verbände in Frankreich und Deutschland mit den Kirchen klarstellten, „dass Gewalt und Terror in keiner Religion einen Platz haben“.

Muslime planen Kundgebung gegen Terror
Der Koordinationsrat der Muslime verurteilte den Anschlag als „feigen Akt“. Terror habe keinen Platz in irgendeiner Religion, sagte Sprecher Erol Pürlü in Köln. Der Zentralrat der Muslime rief dazu auf, nicht dem „perfiden Plan der Extremisten auf den Leim zu gehen“, die die Gesellschaft spalten wollten: „Durch diese Tat wurde nicht unser Prophet gerächt, sondern unser Glaube wurde verraten und unsere muslimischen Prinzipien in den Dreck gezogen.“

Es sei zu befürchten, dass der Terror von Paris den antiislamischen Strömungen in Deutschland Auftrieb gebe. „Das ist ja der perfide Plan der Terroristen: sie wollen Zwietracht säen, einen Krieg provozieren zwischen den Religionen“, sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post. Auch die Muslime seien Opfer dieser Tat. Es bestehe die Gefahr, „dass die undifferenzierte Haltung, den Islam mit diesen abscheulichen Taten gleichzusetzen, Zulauf bekommt“. Das müsse verhindert werden.

Daher wollen Muslimische Religionsgemeinschaften ein Zeichen gegen den Terror setzen. Derzeit plane man eine Kundgebung für die Freiheit, so Ditib-Generalsekretär Bekir Alboğa zu Spiegel Online. „Wir müssen jetzt mehr Demokratie wagen und uns Schulter an Schulter alle zusammen für unsere freiheitlichen Werte stark machen. Wir dürfen nicht zulassen, dass Demagogen und Extremisten – von welcher Seite auch immer – Vorteil aus diesem Attentat ziehen.“ Am Freitag solle der menschenverachtende Anschlag zum Thema in den Gebeten in deutschen Moscheen gemacht werden. (epd/mig)