Post-Pegida

Chance auf gesellschaftlichen Zusammenhalt nutzen!

Die aktuellen Anti-„Pegida“-Demonstrationen bieten die Chance, verschiedene gesellschaftliche Gruppen näher zusammenzurücken – für eine breiten Konsens. Nur eins muss klar sein: Hinter Rechtsextremisten marschiert man nicht!

Die Bilder in den Nachrichten und in den sozialen Netzwerken sprechen eine sehr deutliche Sprache: In fast allen deutschen Großstädten zogen Zehntausende friedlich protestierende Bürgerinnen und Bürger in einem breiten Bündnis welches von Politik, Gewerkschaften über Bürgerinitiativen, Kirchen, Moscheen, Kulturschaffenden bis hin zu Schulklassen reicht, um gegen die von Rechtsextremisten bundesweit initiierten Pegida-Kundgebungen Flagge zu zeigen.

Als sich vor wenigen Tagen auch die Kirchen in Köln zum kreativen „Licht aus“-Protest entschlossen, war schnell klar, dass der deutlich kleinere Pegida-Spuk mit erfreulich lautem Gegenprotest in die Dunkelheit gejagt wird. Ein ermutigendes Signal, auch an die internationale Öffentlichkeit, das zeigt: Deutschland ist nicht Pegida.

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Denn trotz der beeindruckenden Teilnehmerzahlen bei den Gegenprotesten (unter anderem Münster mit über 10.000 Menschen) in vielen Städten, sticht Dresden mit über 18.000 Demonstrierenden, die „Wir sind das Volk!“ brüllend weiterhin unter der Regie von Neonazis gegen Muslime und Flüchtlinge, aber auch gegen Rente mit 67, Uli Hoeneß und Autobahn-Maut protestieren, heraus.

Dabei ist Dresden bei weitem nicht repräsentativ für Deutschland, was die politische Präferenz betrifft: Bei der Landtagswahl 2014 wählten in Dresden rund 28.000 Personen AfD oder NPD, was etwa 13% der Stimmen ausmacht. In ganz Sachsen waren das knapp 250.000 Wähler, etwa 15%. Die hohe Teilnehmerzahl bei Pegida-Dresden ist daher wenig verwunderlich, wenn man bedenkt, dass viele Protestierende auch aus dem Umland noch dazu kommen.

Diesen Umstand haben wohl viele politische Entscheidungsträgerinnen und –träger erkannt und dabei deutlich Stellung bezogen. So bleibt Angela Merkels Neujahrsansprache mit der deutlichen Aufforderung, nicht hinter Pegida herzulaufen überraschend konkret, was bei der mit internen Intrigen beschäftigten „Alternative für Deutschland“ für wütendes Zähneklappern gesorgt hat, zumal die sächsische AfD doch gerade erst die Pegida-Macher in den sächsischen Landtag zur Audienz gebeten hat. Kurze Zeit später tut es auch Vizekanzler Sigmar Gabriel Merkel gleich.

Dass auch aus dem demokratischen Parteienspektrum immer noch einige Politiker der dunklen Verlockung der „besorgten Bürger“ nicht widerstehen können, zeigt unter anderem die sächsische CDU, die meint ihre politische Haltung zu Migration „überprüfen“ zu müssen.

Auch aus der CSU gibt es bereits Ankündigungen nach „schnellen Abschiebungen“, die sogleich einige Landesinnenminister interessant finden. Eine politische Bankrotterklärung trifft es hier wohl noch am besten.

Der angeblichen Gefahr der „Islamisierung Deutschlands“, die Pegida gebetsmühlenartig von sich gibt, kann neuerdings auch FDP-Vize Wolfgang Kubicki etwas abgewinnen. So erklärte er in der „Welt“: „Es sollte jedenfalls nicht so sein, dass sich einerseits durch verstärkten Zuzug von Menschen aus islamischen Ländern die Gefährdungslage bei uns in Deutschland erhöht und zum selben Zeitpunkt der Leiter des Bundesamtes für den Verfassungsschutz erklärt, dass er nicht ausreichend Personal habe, um nach Deutschland zurückkehrende IS-Kämpfer zu überwachen.“

Sätze wie diese sollen wohl Kubickis Partei bei den anstehenden Wahlen in Hamburg und Bremen den Einzug in die Landesparlamente sichern, klingen aber angesichts der Millionen Flüchtlinge, die vor dem Terror des IS aus Syrien und Irak fliehen, wie blanker Hohn. Da hilft auch kein Magenta.

Letztlich brauchen wir in Deutschland einen breiten gesellschaftlichen Konsens, so wie er sich auf den vielen Anti-Pegida-Demonstrationen im ganzen Land aktuell zeigt. Hier bietet sich sowohl die Chance für die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen näher zusammenzurücken, als auch gemeinsam darüber zu diskutieren, wie die Gesellschaft von morgen aussehen soll.

Bei allen sozialen und wirtschaftlichen Problemen, die derzeit diskutiert werden, gilt immer: Hinter Rechtsextremisten marschiert man nicht!