Wie bitte?

Hooligans gegen Salafisten

Nach einem kleinen Vorspiel in Essen und Dortmund lassen die Hooligans in Köln ihre Muskeln spielen. Glaubt man unseren Sicherheitskräften, ist es ein Tag der Überraschungen. Überraschend viele Hooligans grölen überraschend rechte Parolen und verhalten sich überraschend unfriedlich. Wer hätte auch damit rechnen können?

Offensichtlich verkehren unsere Sicherheitskräfte nicht auf sozialen Medien, sonst wären ihnen all diese Überraschungen erspart geblieben. Dass die rechte Band Kategorie C singt: „Heute schächten sie Schafe und Rinder, morgen vielleicht schon Christenkinder…“ Dass friedlich demonstrierende Fußballfans skandieren „Ausländer raus„ und mehrere Dutzend Polizisten verletzen. Dass die Demonstranten sich nach der Auflösung der Demonstration nicht einfach in Luft auflösen. Man hatte die Lage unterschätzt.

Aber auch ich wurde überrascht. Ich habe Deutschland überschätzt. Ich dachte, mit den paar tausend Rechten werden unsere 80 Millionen Demokraten locker fertig. Stattdessen freuen sich die Rechten schon auf die nächste Demo. Die haben Blut geleckt, während sich unsere Polizei die Wunden leckt. Gelöschte Facebook Seiten der „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) werden neu erstellt und erhalten „Gefällt mir“ Klicks im Sekundentakt. Die Szene ist gut vernetzt.

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Und die Medien? Die wissen nicht, wie sie mit dem „neuen“ Phänomen umgehen sollen. Gewalttätige Rechte in Deutschland? Die gibt es doch gar nicht, meint die Gruppe der Realitätsverweigerer. Im Liveticker des Focus liest man noch um 15:09 Uhr: „Der Staatsschutz geht von 10 Prozent Rechten unter den Teilnehmern aus.“ Der Titel in Fettdruck: „Polizei: Türkische Fußball-Fans lösten Ausbruch der Hooligan-Gewalt aus“. Wie bitte?

Stephan Mayer, der Innenexperte der Union im Bundestag, hat offensichtlich den Titel der Veranstaltung „Hooligans gegen Salafisten“ falsch verstanden. Er äußert gegenüber der Rheinischen Post: „Es ist in keiner Weise hinnehmbar, dass sich verfassungs- und demokratiefeindliche Gruppierungen in deutschen Städten gegenseitig bekriegen.“ In Köln war aber nur eine verfassungs- und demokratiefeindliche Gruppierung unterwegs, und „bekriegt“ wurde die Polizei. Salafisten waren weit und breit nicht zu sehen.

Mittlerweile sind sich viele Experten einig, dass das Thema Salafismus von den Rechten nur vorgeschoben wurde. Z.B. Arnold Plickert, Landesvorsitzender der Polizeigewerkschaft in Nordrhein-Westfalen. Der sagt gegenüber dem Spiegel: „Der Kampf gegen den Salafismus ist nur ein Alibi – man will die Gewalt ausleben.“ Ja klar, Gewalt ausleben. Was sonst könnten Rechte auch wollen, die zu Tausenden rechte Parolen skandierend durch die Straßen ziehen.

Aber genug von den Realitätsverweigerern, auf der anderen Seite gibt es die Nazi-Versteher. Will sagen, diejenigen, die das Thema „Salafismus“ ernst nehmen, am Liebsten alle Muslime aus Deutschland rausschmeißen würden und sich durch die Rechten gut vertreten fühlen. Das muss man wohl noch sagen dürfen. Denn eigentlich ist Islamismus und Islam doch ein und das Selbe.

Diese Ansicht hatte ich in den einschlägigen sozialen Medien erwartet, nicht aber in der Presse. In der Welt erklärt uns aber Oliver Jeges – passend zum Thema – genau das lang und breit. Titel: „Islamophobie? Wir nennen es Aufklärung!“ Und im Text heißt es dann „Wenn man bedenkt, dass in diesen Tagen nur von jenen, die permanent als „islamophob“ gebrandmarkt werden, echte und ernst zu nehmende Kritik kommt, dann muss man geradezu islamophob sein.“

Aber sicher doch, die eigentliche Gefahr für Deutschland ist eben immer noch der Islamismus, und nicht die Nazis. Die Presse ist voll davon. Auch das Hamburger Wochenblatt warnt noch eindringlich vor den 150 radikalen Hamburger Salafisten. Nun, am 15. November werden wohl auch in Hamburg die Nazis unter dem Motto „Hooligans gegen Salafisten“ für die „schweigende Mehrheit“ grölen. 5600 Zusagen auf der Facebookseite hatten sie bis Dienstag schon. Die werden die 150 Salafisten locker in den Boden stampfen. Da können die Hamburger wieder beruhigt schlafen.